KUNSTRADIO



Ein Portrait von Max Eastley
und seinen Windharfen


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http://www.kunstradio.at/1988A/MP3/21_01_88a.m3u


"Ich habe wunderbare Kindheitserinnerungen an meine Kindheit, ans Radio-Hören, Radio war für meine Generation das Wunderbarste, Radio und das Hörspiel. Ich wußte schon damals, daß das Radio ein großartiges visuelles Medium ist. Wenn man Radio hört, baut man daraus ganze Welten auf; man baut auf Stichworten aus dem Radio hin eine Phantasiewelt im Kopf." (Max Eastley)


Die Äols-Harfe (Wind-, Wetter- oder Geisterharfe) besteht aus einem Holzkörper und mehreren gleichgestimmten Saiten, die vom Wind aufgrund ihrer unterschiedlichen Dicke obertönig erregt werden und geheimnisvolle, fremdartige Klänge hervorbringen. Schon in den alten Hochkulturen hatte man wind-tönende Saiteninstrumente besungen. Auf Athanasius Kircher, der die Bau- und Wirkungsweise der Äols-Harfe 1655 erklärte, geht die neue Form der Äols-Harfe zurück, die ihre Blütezeit um 1800 erreichte. Besonders beliebt war zu dieser Zeit, eine Äols-Harfe an einem offenen Fenster zu befestigen.

Das Prinzip dieses Instruments ist in den letzten Jahrzehnten in Installationen und Konstruktionen diverser Künstler und Musiker, die sich nicht an die klassischen Abgrenzungen des Kulturbetriebes hielten und ungeniert von einem Bereich in den anderen wechselten, aufgenommen worden. Neue Kunstgattungen und -begriffe wie "Klangskulptur", "Klanginstallation" oder "Environment" bestätigen diese Entwicklung. Den Künstlern geht es dabei um einen von den Konventionen und Traditionen des Musikbetriebes befreiten Kunstbegriffes und die Erforschung der spezifischen Eigenschaften des Klanges und seiner Beziehung zur Welt.

Max Eastley interessierte sich schon als Kind für Malerei und Graphik, später auch für die Musik. Um eine Verbindung zwischen den Künsten herzustellen, beschäftigte sich Eastley mit Arnold Schönberg und Wasilij Kandinsky und studierte an einer Kunstakademie.


"Ich begann mich zu fragen, was die materielle Substanz der Musik sei. Und ich wandte mich sofort dem Musikinstrument zu - dem Musikinstrument als Ausgangspunkt für Musik. Ich arbeitete in London an einer Kunstschule, wo sich einige Leute mit Kinetik und Licht beschäftigten. Ich entschied mich dafür, Musik und Kinetik zusammenzubringen. Ich suchte nach Instrumenten, die sich selbst spielen. Damit löste ich das Problem, selbst derjenige zu sein, der die Musik erzeugt. Ich ging auf Distanz, denn ich machte Instrumente und kinetische Skulpturen, die mir die Verantwortung, die Musik zu erzeugen abnahmen. Auf diese Art konnte ich die Musik dann als Phänomen studieren - als Eigenschaft des Objektes. Ich konnte mich mit dem Material der Musik, dem reinen Ton auseinandersetzen: der Schwingung von Holz oder Metall, von reinen Saiten. Ich verwendete Methoden zur Verstärkung wie z.B. Elektronik. Ich setzte mich intensiv mit der Geschichte der automatischen Musikinstrumente auseinander. Die ältesten automatischen Instrumente sind natürlich die, die vom Wind gespielt werden - die Windharfen. Damals kannte ich niemanden, der wußte, wie eine Äolsharfe klingt, denn sie waren fast ausgestorben. Im 18. und 19. Jahrhundert waren sie in Europa sehr populär. In vielen Gedichten aus dieser Zeit wird der Klang der Äols-Harfe poetisch beschrieben. Für mich war die Wind-Harfe das einzige Instrument, das authentisch nachgebaut werden kann und deren Klang dem entspricht, wie es in den Gedichten beschrieben wird." (Max Eastley)


In die Geschichte der Klangskulptur ist Max Eastley vor allem mit seinen Hydrophonen eingegangen: große Äolsharfen in fließendes Wasser gelegt. Der Klang von Eastley Hydrophonen verwendete der Filmemacher Peter Greenaway in seinem Film "Water Rackets". Bei seinen Einzelperformances verteilt Max Eastley kleine Arrangements auf dem Boden: eine Triton-Muschel auf einem Tuch Seide oder eine lange Bahn grüner Seide. Ein kleiner Ventilator bläst Luft unter die Seide, die durch den Luftstrom wie fließendes Wasser in Bewegung gerät.


1988 Calendar 1