KUNSTRADIO


"Sonic Projections from Schlossberg Graz"


Radio-Klangskulptur von Bill Fontana

Live aus Graz



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"Sonic Procteions" Bill Fontana


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A CASSETTE OF THIS PROGRAM CAN BE ORDERED FROM THE "ORF TONBANDDIENST"
Im öffentlichen Raum der Stadt Graz fand die Ausstellung "Bezugspunkte 38/88" statt, bei der Künstler aus Europa und den USA an geschichtsträchtigen Orten ganz unterschiedliche Kunstwerke installiert hatten. An Orten, an denen zur Zeit der nazionalsozialistischen Machtergreifung die NSDAP ihre Demonstrationen und Manifestationen abhielt bzw. ihre Ämter und Zentralen eingerichtet hatte. "Bezugspunkte 38/88" versuchte eine Aufklärung und Aufarbeitung mit ästhetischen Mitteln und zwar aus heutiger Sicht und heutigem Kunstverständnis heraus.

Ein Projekt im Rahmen der "Bezugspunkte 38/88" war "Sonic Projections vom Schloßberg Graz" von Bill Fontana. Das akustische Proträt einer Stadt wie sie sich in der Gegenwart mit den Mitteln der Kunst den Ereignissen von 1938 stellt.

Der amerikanische Künstler Bill Fontana hatte für Graz - wie schon an vielen anderen Orten in Amerika, Australien und Europa - eine Klangskulptur entworfen, die nicht nur den öffentlichen städtischen Raum berührte, sondern sich auch in den öffentlichen Raum des Radios hinein fortpflanzte.

Bill Fontana hat seine Grazer Arbeit "Sonic Projections vom Schloßberg Graz" genannt. Es handelt sich um ein akustisches Proträt der Stadt Graz. Aufgenommen von 8 Mikrofonen die an 8 Bezugsunkten aufgestellt wurden - also an 8 Orten der Grazer Innenstadt, die zur Zeit der nazionalsozialistischen Machtergreifung eine Rolle gespielt haben. Vom Schloßberg aus schickte Fontana seine Klänge auf die Stadt hinunter. Positive Sounds wie er sie nennt, die er in der ganzen Welt aufgenommen hat, wie z.B. das zärtliche Rufen eines Gibbonpärchens im thailändischen Regenwald, das Singen eines australischen Leierschwanzes, ein Nebelhorn bei der Golden Gate Bridge in San Francisco und so weiter. Diese Töne wurden zusammen mit Grazer Alltagsgeräuschen von den 8 Mikrofonen aus über Leitung in das Studio im Landhaus geschickt. Dort entstand eine Live-Mischung, die wiederum aus kaum sichtbaren Lautsprechern in den schönen Renaissancehof des Grazer Landhauses projeziert wurde bzw. stereo im Radio erklang.

Zu den Klängen die Bill Fontana nach Graz gebracht hat, weil er sie zu den schönsten zählt die man heute noch auf der Welt finden kann, gehörten außer dem Gibbonpärchen, dem Leierschwanz und den Nebelhörnern noch andere australische Vögel, dazu Frösche aus Okinawa, ein nordamerikanisches Steppenhuhn, wilde Hühner und eine Elster aus Hawaii, sowie eine kalifornische Spottdrossel, eine japanische Tempelglocke oder das Pfeifen einer amerikanischen Dampflokomotive. Alle diese Klänge sind weder als Verletzungen der Grazer Atmosphäre, noch als exotische Farbtupfer zu verstehen, sondern als positiver, zukunftsgerichteter Gegenpol zur einstigen terroristischen Besetzung des akustischen Raumes durch die Nazionalsozialisten. Eines akustischen Raumes zu dem auch das Radio zählte. 2 Tage lang hat Bill Fontana in mehreren Live-Einstiegen im Programm Österreich 1 bzw. Österreich 3 seine Skulptur "Sonic Projections vom Schloßberg Graz" in den akustischen und öffentlichen Raumes des Radios ausgedehnt. Die Klangskulptur wie sie am zweiten Tag im Radio zuhören war, bestand aus verschiedenen Elementen. Aus dem gegenwärtigen akustischen Proträt der Stadt Graz, so wie es sich gerade im Augenblick der Sendung darbot und aus Aufnahmen, die während der kurzen aber bewegten Geschichte dieser Grazer Klangskulptur zu verschiedenen Tageszeiten entstanden sind. Bill Fontana machte also live eine Mischung aus der Akustik eines Tages und aus speziellen akustischen Momenten der vergangenen Tage.



1988 CALENDAR 2