KUNSTRADIO


I.

"Die Welt - ein Ei"

von Fritz Grohs


"Die Welt - ein Ei. Ein phopnizisches Puzzle" so nannte Fritz Grohs sein Hörstück aus Politrethorik und sprachlichen Leerläufen. Fritz Grohs sagte anläßlich des Grazer Symposiums "With the Eyes Shut" - Bilder im Kopf, Theorie und Praxis der Radiokunst:

"Der Titel des Stückes "Die Welt - ein Ei. Phonizisches Puzzle" ist zugleich der Titel einer fiktiven Radioreihe. Der Begriff "Die Welt - ein Ei" geht zurück auf die phönizische Kosmogonie, wonach es einst ein riesiges Ei gab, das sich in zwei Hälften öffnete und so Himmel und Erde gebar. Damit sind wir schon beim Untertitel: "Phonizisches Puzzle" - ein Wortspiel aus Phon und Phönizier, wobei beides als Synonyme für Grenzüberschreitung und Expansion verwendbar ist. Puzzle verweist auf die Vorgangsmethode vor allem bei der Abfassung des Skripts, das eine Montage aus verdünnten, konkreten Inhalten und Angaben entkleideter Textpassagen der deutschsprachigen Pravda während einer sowjetischen Allunionskonferenz darstellt. Gewählt wurde für das Stück die solide Form eines Berichterstattungshörspiels mit Moderation und Kommentar, wobei die Diskussionsbeiträge und Wortmeldungen von Freunden anläßlich eines Abendessens in meiner Wohnung auf Band gesprochen wurden. Der nichtssagende Charakter dieser Verballung ist kaum zu überbieten und dennoch finden sich darin Aussagen von höchster Brisanz und Wahrheit. Auch Elemente der Parodie, der Sprachkritik, der Langeweile und der Wichtigtuerei sind in dieser Arbeit enthalten."



1988 Calendar 2