KUNSTRADIO



"Still ist das Land"


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ein Hörspiel nach
"Tanzcafe Lerch"
(einem Heimatstück aus Kärnten von Albert Tisal)


Autor: Dieter Kaufmann


Realisation: Experimentalstudio des slowakischen Rundfunks Bratislava.
Technik:
Ing. Robert Bartos und Jan Backstuben.
Einzelne Elemente wurden von Georg Mittermayer im
Studio der Creative Sound Company Wien ausgearbeitet.

Tief betroffen von "dieser Kultur der Kontraste" hat Albert Tisal ein Stück Kärntner Heimat- und Kulturgeschichte jüngeren Datums literarisch aufgearbeitet. In dem von Dieter Kaufmann multimedial verarbeiteten Stück sind Odilo Lothar Globocnik und Ernst Lerch die Protagonisten. Globocnik war Befehlshaber der "Aktion Reinhard", in deren Rahmen über 1,5 Millionen Juden ermordet wurde. Ernst Lerch, ein Klagenfurter Cafetier, war seine rechte Hand. Er war zuständig für "Judenangelegenheiten" in Globocniks Stab. Beide waren Liebhaber der Kameradschaftsabende der SS in Lublin, wo tagsüber gemordet und am Abend Kärntner Lieder gesungen wurden. Ein Ausschnitt aus Kärntens Kulturgeschichte des Grauens, eines unfaßbaren Widerspruchs, wie es der Autor empfindet: tagsüber wurden unschuldige Männer, Frauen und Kinder vergast und erschossen, am Abend sangen die Täter vom "Dirndl", in dessen schwarze oder braune Augen man sehen möchte.

Zwar sind die Dialoge des Stücks größtenteils fiktiv, wesentliche Grundelemente der Handlung basieren jedoch auf Zeugenaussagen und historisch belegtem Beweismaterial, das unter anderem im Prozeß gegen Ernst Lech zur Sprache kam. Die Taten der SS-Sangesbrüder wurden bei uns totgeschwiegen. Der Prozeß gegen Ernst Lerch wurde am 11. Mai 1976 eingestellt. Eher Solidarität als Abneigung gegeüber diesen Protagonisten aus der braunen Kärntner Heimatkultur mußten wohl auch jene empfunden haben, die die Subventionierung des im Vorjahr zur Erstaufführung gelangten Stücks verhindern wollten. In der Hörstückinszenierung von Dieter Kaufmann ist die Stimmverfremdung ein wichtiges Stilmittel. Die Hauptpersonen werden von Gunda König gesprochen, deren Stimme verändert wurde. Auch die Kärntner Heimatchöre haben einen mitunter schrillen, schaurigen Klang, der letztlich Assoziationen zum Tageswerk der sangesfreudigen SS-Offiziere, ihrer Befehlshaber und der zahlreichen Untergebenen zuläßt: dem Genozid. Dieter Kaufmanns Multimedia-Produktion "Still ist das Land" ist auch als Performance-Serie vom 18. bis 22. März im Theater im Künstlerhaus zu sehen.



1991 CALENDAR 1