KUNSTRADIO
RP4
BEISPIELE
ÖSTERREICHISCHER
RADIOKUNST

CD Box by Helmut Mark
17 Hörstücke aus dem digitalen
Hörspielstudio des ORF von Komponist/innen,
Literat/innen und bildenden Künstler/innen.

"Wasser auf dem Tisch, eine rostige Kette hinunterlaufend. Papier"
Tryptychon

von
Reinhard F. Handl

Dauer: 25' 05"


Für dieses Tonstück verwendet Handl ausschießlich Klänge, die direkt im digitalen Studio RP4 des Wiener Funkhauses erzeugt und generiert wurden. Die Herstellung der im Titel angeführten natürlichen Geräusche gelang über Effektgeräte und bedeutet - so der Autor - "einen weiteren Schritt auf der Suche nach einer Art von Phänomenologie des Klanges."

Reinhard F. Handl stieß als Betreuer der ORF-Kunstradio AutorInnen im Studio, sowie als redaktioneller und dramaturgischer Mitgestalter von Kunstradio-Sendungen immer wieder auf die Frage nach der Eindeutigkeit von Klängen, beziehungsweise auf die Vielschichtigkeit rein akustischer Ereignisse, wenn sie aus ihrem ursprünglichen, realen Zusammenhang losgelöst wahrzunehmen sind. Von den technischen Möglichkeiten, die ihm das RP4-Studio bietet, macht er in ähnlicher Weise Gebrauch wie der Chemiker von den Forschungsinstrumentarien in seinem Labor: er zerlegt Klänge, stellt neue Verbindungen her, u.a.

Für den Zuhörer sind die Ergebnisse dieser Klangtransformationen oft unvorhersehbar und überraschend. Ein Beispiel: dem maschinell hergestellten Geräusch von Papier haftet etwas "holzartiges" an. Die Akustik des Objekts verrät dem aufmerksamen Hörer etwas über den Ursprung, die Entstehungsgeschichte des Objekts. In Handls Hörstück lassen "eindeutige" Klänge durch ihre Vielsprachigkeit aufhorchen.

"Ich hatte mir vorgenommen, keine Materialien ins Studio mitzubringen. Aus dem vorhandenen Klang-Environment, wie ich es im Studio vorfinden würde, wollte ich Töne, Klänge auswählen und mit den im Regieraum vorhandenen Geräten bearbeiten. Zu welchen Ergebnissen wie (Tonmeister Gerhard Wieser und ich) dabei kamen, war zuallerst von der vorgefundenen Konstellation von Studio und Equipment abhängig. Die verwendeten Naturklänge, von denen Samples erstellt wurden, sin dim Titel angeführt. Sie bildeten das Grundmaterial, das dann mit den vorhandenen Effektgeräten weiterverarbeitet wurde. Die eigentliche Dramaturgie oder Komposition des Stückes konnte erst einsetzen, nachdem ein Großteil des Materials verabeitet war. Das verarbeitet Material verlangte nach einer Dramaturgie.

Natürliche Klänge, einem technischen Prozeß unterworfen. Dieser Prozeß setzt sich im Radio durch die Ausstrahlung fort - hin zum Hörraum des Rezipienten, sei es im Auto, sei es im komfortablen Wohnzimmer. Erst in diesem Hörraum konstituiert sich das Stück. Und zwar beim ersten Hören, live aus dem Radio, denn Radio ist eigentlich immer live: für den Hörer ist es live. Es entsteht eine Aura, der ich mich selbst als Produzent einer Sendung nicht entziehen kann. Fertig ist das Stück erst durch die Übertragung im Radio."



1991 Calendar 2