KUNSTRADIO


"1992"


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eine Radio-Performance
von
Guillermo Gómez-Peña

Produktion: Toucan Productions


Guillermo Gómez Peña zählt zu den interdisziplinär arbeitenden Künstlern. In seinen Werken kommt aber immer wieder ein Thema zur Sprache, das in jüngster Zeit an Brisanz gewonnen hat: die Beziehungen, Grenzen und Distanzen zwischen zwei unterschiedlichen Kulturkreisen. Gómez Peña, der sich selbst als Grenzgänger erfahren hat, richtet sein Hauptaugenmerk dabei auf die Nord-Süd-Beziehungen (Vereinigte Staaten/Mexiko). Nicht zufällig ist er daher auch Gründer und MitHerausgeber des zweisprachigen Kunstmagazins "The Broken Line/ La Linea Ouebrada", sowie ein Gründungsmitglied des bi-nationalen "Border Arts Workshops". Seine Radio-Arbeiten waren im nationalen öffentlichen Radioprogramm "Crossroads"zu hören. Sowohl in "1992", als auch in anderen Radioarbeiten drückt er in künstlerischer Form das aus, was über Jahrhunderte viele seiner Landsleute, die Indios und alle anderen, die in der südlichen Hemisphäre des amerikanischen Kontinents beheimatet waren und sind und mit der Kultur und Politik des Nordens konfrontiert wurden, empfanden: die Fremdheit der anderen, die eigene oft vereinnahmende Kultur, der man sich nur schwerlich entziehen kann. Und dann noch das Unrecht der "Gringos" an den mexikanischen Grenzgängern, den Fabriks-und-Landarbeitern, die für ein Spottgeld über die Grenze pendeln: von der US-Grenzpolizei ständig des Drogenhandels oder des politischen Terrors verdächtigt und bei Kontrollen dementsprechend gedemütigt und provoziert, mangelt es ihnen auch noch an der Möglichkeit sich dagegen zur Wehr zu setzen, sich sprachlich zu artikulieren.

Eine Diskriminierung, die auch für ihn, den Dichter und Künstler zum Alptraum wird. "Ich träumte, daß in dieser merkwürdigen Gesellschaft Dichter und Künstler keine öffentliche Stimme hätten, Gott sei Dank war es nur ein Traum in englischer Sprache". In Anspielung an das Schicksal der mexikanischen Einwanderer und Grenzgänger, die diversen Kontrollschikanen ausgesetzt sind, erinnert G.Gomez Pena an einen prominenten "Eindringling", der von derlei Repressalien verschont geblieben war: jener Columbus, der ohne Papiere kam.

In "1992" gibt der Autor aber auch seine eigene Zerissenheit, seine eigene Ambivalenz gegenüber den beiden Kulturkreisen akustisch zu erkennen Stimmen, spanisch sprechend, gleiten mitten im Text unmerklich zuerst ins Romano-Englische und dann ins Amerikanische ab und umgekehrt. "Ich erinnere mich", sagt er, "vieler Dinge in englisch oder spanisch": "an Politik in englischer, an Liebe in spanischer Sprache ... Meine Zunge wird verrückt".

Eine Ambivalenz, die nicht nur die sprachliche Ebene betrifft:
"Ich stehe mit einem Fuß in Mexiko und mit dem anderen in den USA", läßt der Autor seinen Protagonisten (er selbst?) sagen. Letztendlich scheint aber die Sehnsucht nach den eigenen kulturellen Wurzeln, nach dem ursprünglich Vertrauten , zu siegen: "Willst Du auf mich warten auf der anderen Seite des Ozeans, auf der anderen Seite der Tür, Juana?"




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