KUNSTRADIO


"Memento vita et mors"


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von Bert Breit


Eine Auftragsarbeit des ORF 1987


Die Radiophonie "Memento" basiert auf elektronisch erzeugten (Synthesizer-)Klängen einerseits und natürlich erzeugten Klängen (Stimmen und Instrumente) andererseits.

Bert Breit zum musikalischen Konzept von "Memento": "Bei der Produktion dieses Werkes (...) ging es darum, die neuen, unverbrauchten Mittel der Elektronik, die bisher vorwiegend in der Unterhaltungsmusik (....) angewandt wurden, so einzusetzen, daß eine unmittelbare Wirkung erzielt wird, die dem Hörer keine schwer lösbaren musikalischen Rätsel aufgibt, sondern das Nachdenken über die dargestellten Inhalte fördert."

Das Leiden und Sterben der Menschen ist das Zentralthema der Arbeit Bert Breits. Für seine Radiophonie "Memento" hat der Komponist den Text selbst verfaßt: er stellt darin die Schicksalhaftigkeit des Sterbens, vor allem des gleichsam vorprogrammierten frü,hen Todes ganzer Völker und Bevölkerungsgruppen in Frage. Wer sitzt an den Schalthebeln der Macht, die Menschenleben nach eigenem Gutdünken und zum eigenen Vorteil frühzeitig auslöscht?

Die äußere Handlung: ein Reporter (Stimme von Robert Hauer-Riedl) reist in die Unterwelt, um den Tod, den Meister (Stimme von Michael Thomas), interviewen. Der Meister Tod zeigt ihm die "Lagerräme, in denen die Toten - je nach Status und Verfassung voneinander getrennt - aufbewahrt werden. Verschiedene akustische Effekte vermitteln dem Hörer den jeweiligen Zustand: da gibt es die Frommen mit ihren nie endenden Litaneien oder die Unzufriedenen und Verzweifelten, deren Leben sich verkürzt haben, weil sie darin zu kurz gekommen sind.

Der Meister erweist sich als gelangweilter und seinem Metier gegenüber gleichgültig gewordener Zyniker. Als wahre Herren über Leben und Tod bezeichnet er seine Auftraggeber, die er nicht benennt. Er selbst treffe keine Eintscheidungen - er mache nur die "Drecksarbeit" für seine Bosse.

Ein Bußprediger (Klaus Rohrmoser) ermahnt den Reporter, doch endlich seine einzigartige Chance zu nutzen und endlich die wesentlichen Fragen zu stellen, nämlich jene nach den Richtern und Befehlshabern des Henkers Tod. Umsonst: der Reporter vergeudet die Zeit mit sensationsheischendem und banalen Small talk. Er erkennt nicht, daß er möglicherweise gar nicht mit dem Tod, sondern mit seinem eigenen Spiegelbild zynische Konversation betrieben hat.

"Memento vita et mors" erscheint auch auf CD-Kassette. Sie enthält die kompositorische Summe von Breits Lebensarbeit und liefert den Hörern zugleich einen repräsentativen Querschnitt der Arbeiten der letzten Jahre.



1992 CALENDAR 2