KUNSTRADIO
"Die Gesprächsrunde"
von Albert Mayr
Die Radioversion eines Projekts im Rahmen der Workshop-Reihe "Zeitdesign : the music of time and tide. Die Gestaltung der Alltagszeit als künstlerische Arbeit".
Mit Zeitgestaltung und Zeitorganisation beschäftigt sich der
in Florenz lebende Südtiroler Komponist Albert Mayr schon
seit vielen Jahren.
Eine zeitlich strukturierte Gruppendiskussion zum Thema Zeit
bildet den Ausgangspunkt und das Material für eine Komposi
tion, dessen Partitur vom Autor und den Teilnehmern gemein
sam gestaltet wird.
Für sein Projekt "Gesprächsrunde", das am 16. April als
Live-Ereignis im Landesstudio Tirol aufgezeichnet wurde, hat
Mayr sechs Personen (die Diskussionsteilnehmer) einschließlich Workshop-Leiter vor die Aufgabe gestellt, ein Gruppengespräch zum Thema Zeit zeitorganisatorisch zu strukturieren.
Jeder von ihnen kann die Dauer der Redebeiträge und der Pausen
selbst bestimmen, den formalen Diskussionsablauf mitgestalten.
Die Grundidee der Workshop-Reihe "Zeitdesign": den Teilnehmern
soll die Möglichkeit gegeben werden, ihre individuellen Vorstellungen zur zeitlichen Gestaltung eines Gruppenvorganges
zu erkennen und zu realisieren. Selten sind wir in der Lage,
unsere persönlichen Bedürfnisse und Präferenzen in Bezug auf
Zeitgestaltung in konstruktiver Weise zu äußern, meint
A. Mayr: "Darin unterscheidet sich Zeit-Design von Time
Managemant und seinem vordringlich auf Effizienz ausgerichteten
Zugriff".
Für die Rundfunkversion von "Die Gesprächsrunde" verwendet der
Komponist ein Keyboard als Hilfsmittel, um den Ablauf der
Wortmeldungen,sowie Laut und Stille akustisch auszudrücken:
eine "Veranhorchlichung im Zeitraffer" nennt es Albert Mayr.
Jedem der Teilnehmer wird eine Note zugewiesen, sein Rede
beitrag drückt sich in einem Ton aus, wobei die Dauer der
Wortmeldungen und der~>recheauseain zeitlicher Relation zur
(verküriten) Länge der Töne und der mit Naturklängen gefüllten Pausen steht.
Den Bezug zum Medium Rundfunk sieht Albert Mayr in den streng
quantifizierten Zeiteinheiten, die den Ablauf strukturieren.
Die Länge der Wortmeldungen, sowie das Schema der Reihenfolge wird in der Gruppe zuvor "demokratisch" festgelegt.
Gruppenhierarchien, die sich in der Anzahl und der Dauer von
Diskussionsbeiträgen ausdrücken, können somit vermieden werden.
1993 CALENDAR 1