KUNSTRADIO


Kunstkopf der Woche: Eveline Egerer: - Künstlerin von Fritz Grohs

"Die Dialektik des Einen und des Anderen"

Ein Hörstück im Rahmen des Projekts
"GET THE RIGHT TRACK"

von Andreas Dworak und Beate Schachinger



PLAY
http://www.kunstradio.at/1994A/MP3/14_04_94.mp3

In ihrem Hörstück bzw. Projekt, thematisiert das Wiener Autorenduo Andreas Dworak und Beate Schachinger die alltäglich wiederkehrende und permanente Konfrontation des Menschen mit dem Mühsal der Entscheidungsfindung: oftmals erschweren widersprüchliche Wünsche, Ziele und Vorstellungen die eindeutige Wahl für eine bestimmte Richtung und Destination.

Zur metaphorischen Darstellung dieser Problematik wählen die beiden Autoren das Gehäuse einer Untergrundbahn mit ihren Bahnsteigen, Haltestellen und Gleisen: "So wie die Züge in verschiedenen Richtungen fahren, gibt es in unserem Leben verschiedene Möglichkeiten zu handeln." Die U-Bahnen einiger Metropolen - im Hörstück handelt es sich um jene in Baku und New York - bilden auch den physischen Rahmen, innerhalb dessen die Akteure von "Die Dialektik des Einen und des Anderen" binäre, bzw. einander entgegengesetzte Wahlmöglichkeiten ersinnen und artikulieren, bevor sie Entscheidungen treffen: "Die Menschen halten in ihnen (...) innere Monologe", vermuten die Autoren.

Die Assoziationen U-Bahn-Destinationen/persönliche Entscheidungen und Ziele war auch Angelpunkt der Realisierung dieser Radioarbeit: Andreas Dworak und Beate Schachinger legten subjektiv ausgewählten Leuten, die sie während ihrer Aufenthalte in Baku und New York in Kunsthochschulen, Galerien und Parties trafen, Kopien von einem Foto einer U-Bahnstation vor. Das Besondere an dem Foto: die Beschriftung der Richtungsschilder war gelöscht worden. Die betreffenden Personen wurden aufgefordert, in diese Leerstellen eigene alternative und /oder bipolare Zielangaben und Bestimmungen einzutragen.

In "Dialektik des Einen und des Anderen" verblüfft die radiophone Wiedergabe dieser Entweder-Oder-Statements der Befragten aus Baku und New York durch die Vielfalt an (mehr oder weniger sorgenvollen) Gedanken und Ideen, die darin zum Ausdruck kommt. Alltägliche, ganz profane Entscheidungsqualen - wie etwa die Wahl "Ich möchte Bier/Ich spucke auf Bier" oder die Frage nach dem richtigen Katzenfutter ("Hills oder Whiskas?") alternieren mit einander kontrastierenden Betrachtungsweisen der eigenen Lebensphilosophie und des persönlichen Lebensstils, sowie mit Entscheidungen von existentieller Bedeutung: "Harmonie und Zusammengehörigkeitsgefühl ist großartig/Man muß seine eigene Identität kennenlernen" oder Soll ich menen kreativen Instinkten folgen und als professsioneller Künstler arbeiten/Soll ich weiterhin meine schriftlichen und administrativen Fähigkeiten einsetzen, um Geld zu machen?".

Im Radiosütck sind die O-Tonaufnahmen der Statements aus Baku inmitten des akustischen Raums der U-Bahn von Baku, die Aussagen der New Yorker im Klangraum der Subway von New York zu hören. Die unterschiedlichen Lebensumstände und Denkweisen der Bewohner der beiden Metropolen lassen sich für den Hörer ebenso erahnen wie die städtespezifischen Eigenheiten, die auch die Atmosphäre in den Fortbewegungsmitteln im Untergrund prägen.



1994 CALENDAR 1