KUNSTRADIO


I. "I Ritmi Chioggioti"

von Michael Amerstorfer


II. "die welle der woge der wind"

von Christian Steinbacher


I.

"I Ritmi Chioggioti"

von Michael Amerstorfer



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http://www.kunstradio.at/1994A/MP3/01_03_94a.mp3

Das italienische Hafenstädtchen Chioggia ist vielen von uns nur als Schauplatz einer der größten innenpolitischen Skandale Österreichs und eines Kapitalverbrechens (Lucona) in Erinnerung. Das Leben der Bewohner von Chioggia blieb davon unberührt. Die Radioarbeit "I Ritmi Chioggioti" ist das Ergebnis des Versuchs Michael Amerstorfers, sich in den Rhythmus der Sprech-, Lebens- und Umgangsweisen der Einwohner von Chioggia einzuhören.

Ausgegangen war der in England lebende österreichische Radiokünstler eigentlich von einer anderen Idee: das (literarische) Kompositionsmuster von Carlo Goldonis "Le Baruffe Chiozzotte" (Chiozza ist der alte Name Chioggias) sollte Grundstruktur seines Radiostücks sein. Der atmosphärische Charakter seiner O-Tonaufnahmen am Ort verlangte hingegen nach einem anderen, von der literarischen Vorlage unabhängigen Konzept für die Radioarbeit.

Die Tonaufzeichnungen geben akustische (Milieu-)Szenen wider, die jedem Italienreisenden bekannt erscheinen: die Lautsprecherdurchsagen und das Getümmel in der Bahnhofshalle, die Predigt, der Kirchenchor am Sonntagvormittag, Eros Ramazotti und die "chiacchiere" (das Getratsch) in der Bar am Nachmittag. Dennoch entspricht "I Ritmi Chioggia" eher einer aus Sprache, Geräuschen, Musik und Rhythmen gestalteten Radiokomposition als einem Stadtporträt. Schlagzeugsequenzen (drums: Vince Clark) verstärken die Rhythmen der Komposition und verleihen Ihnen Widerhall.

Die melodischen und erzählerischen Elemente sind in "I Ritmi Chioggioti" ebenso von Bedeutung wie die Rhythmen.<


II.

"die welle der woge der wind"

von Christian Steinbacher

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http://www.kunstradio.at/1994A/MP3/17_03_94b.mp3

Ein "Textfließband" nennt der Autor Christian Steinbacher seine Radioarbeit "die welle der woge der wind". Mit diesem Begriff definiert er seinen Versuch, mit den Mitteln der Sprache Bewegungen auszudrücken, die den von einer Maschine (eine Art artesischer Brunnen) erzeugten Fließbewegungen entsprechen. Es gelang ihm, ein poetisches Gegenstück zu der von Gerhard Zsambok, einem Wiener Künstler und Konstukteur entworfenen und gebauten Maschine zu entwickeln.

Die Analogie, das Korrespondieren von Text und maschinell erzeugten Bewegungen und Geräuschen ist sowohl an der rhythmischen Struktur als auch in dem In-sich-kreisen von Worten erkennbar. Der Text - vorgetragen vom Autor - wird vor der von der Zsambokschen Maschine gestalteten Geräsuchkulisse präsentiert. Innerhalb des artifiziellen Hörraums, der auf diese Weise entsteht, gewinnt die Radiokomposition "die welle der woge der wind" nicht zuletzt durch das Miteinanderkommunizieren der beiden unterschiedlichen akustischen Ebenen (Sprache/Maschine) an Dichte und Intensität.



1994 Calendar 1