georg bahn decristel.geboren am 9.3.1937, gestorben am 19.12.1997. Von Beileidsbezeugungen bitten wir Abstand zu nehmen. Trotz unzähliger Gespräche mit Georg habe ich erst in jenem Augenblick, als ich seine Todesanzeige in den Händen hielt, vestanden, was all seine Arbeiten verband. Erst jetzt verstehe ich, warum sich Georg so bemühte, alles was er sagte, unverständlich zu machen, von seinem Kontext asbzulösen, zu überlagern, zu überschreiben, zu verfremden. Ein Band überspielen, ohne das Vorhergehende zu löschen, ein Vorgang, der sich beliebig oft wiederholen läßt. Ein Blatt solange kopieren, bis es keine Erinnerung an das Original mehr gibt. Anstelle das Vergangene zu löschen, schiebt sich dieses nur umso mehr in die Gegenwart. Die Vorstellung daß da etwas Neues herauskäme, half allerdings nur über die Nutzlosigkeit der Anstrengung hinwegzutäuschen. Im indifferenten Raum des Überschreibens oder Überspielens gibt es weder Subjekt noch Autor. Aber wie könnte man so gehört werden? Bleibt nur, die eigene Sprachlosigkeit und Verweigerung zur Disziplin zu erheben, um ja keine Lebensspuren zu hinterlassen. Aber das ist eine traurige, und wie sich gezeigt hat tödliche Geschichte. Der Schrecken vor dieser Welt ist gut nachvollziehbar. Wer aber aus Angst das Leben scheut, folgt keiner Disziplin. Das war nicht immer so. Lange Zeit gab es wohl wenige, die ein so feines Gespür für Färbungen der Sprache und des Sprechens hatten. Damals konnte Georg mit den einfachsten technischen Hilfsmitteln Dinge erreichen, die uns heute trotz bester technischer Ausrüstung nur selten gelingen. Wie schade ist es um jene Momente des Begehrens und Aufbegehrens, als Georg noch Wünsche kannte. Will man jedoch Georgs Arbeit würdigen, so kann man wohl nichts anderes tun, als seine Todesanzeige zu überschreiben



Bernhard Kathan 30.12.1997

Sendung vom 26.2.'98
Statement von Michael Bahn

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