"Other Voices: Echos from a Warzone"
von Gordan Paunovic - Präsentation der Kunstradio CD.
Exakt am 2. April 1999 wurde Veran Matic, Vorsitzender der Vereinigung unabhängiger elektronischer Medien in Jugoslawien und damaliger Chefredakteur des legendären Belgrader Radiosenders B 92 per Gerichtsbeschluss seines Amtes enthoben. Nach einem polizeilichen Übergriff wurden Management und Sendeleitung an ein neues Team übergeben. Bereits wenige Tage zuvor, am 23. März kurz nachdem B 92 unter Berufung auf offizielle Angaben die bevorstehenden Bombenangriffe der NATO angekündigt hatte - war ein wichtiger Teil der Sendeanlage unter Beschlag genommen worden. Das Team rund um B 92 liess sich trotzdem nicht unterkriegen. Etwa fünf Monate später wurde der Sendebetrieb wieder aufgenommen unter Aufbietung aller vorhandenen Kräfte und mit Unterstützung zahlreicher internationaler Sympathisanten und Freunde. Man sah sich zwar gezwungen, auf eine Frequenz von Studio B zu übersiedeln (jenem jugoslawischen Rundfunk- und Fernsehsenders, der von der Serbischen Erneuerungsbewegung SPO unter Vuk Draskovic kontrolliert wird), das neue Studio war klein und entsprach nicht im geringsten dem früheren technischen Standard, auch musste der Name von B 92 in B2 92 umgeändert werden, aber solange Möglichkeit bestand, wollte man seine zentrale Stellung innerhalb der unabhängigen Demokratiebewegung in Jugoslawien weiterhin wahrnehmen. Seit einigen Wochen spitzt sich die Repression der unabhängigen Medien am Balkan nun wieder zu (aktuelle Informationen dazu finden Sie über die freeb92-Homepage). In das Bewusstsein der westlichen Medien scheint dies jedoch nur zögernd vorzudringen. Wir wollen den 2. April jedenfalls zum Anlass nehmen, um all jenen Menschen die sich für eine friedliche und demokratische Lösung im Balkankonflikt einsetzen noch einmal ganz offen unsere Solidarität zu bekunden. "Other Voices. Echos From a Warzone." entstand Ende April letzten Jahren, als sich die serbische Bevölkerung gerade den tagtäglichen Bombenangriffen der NATO ausgesetzt sah. Auf Einladung des Kunstradios kam Gordan Paunovic, Gründungsmitglied und ehemaliger Musikchef von B 92 und nun Leiter des freeb92-Internetdepartements nach Wien, um im RP4 des Wiener Funkhauses in einem 100-minütigen Livemix, zumindest einigen jener vielen Menschen zu einer Stimme zu verhelfen, denen in der damaligen Hitze des medialen Gefechts kein Gehör geschenkt wurde. Gordan Paunovic: "Die Massenmedien haben sich an den Richtlinien der etablierten politischen Meinungsvertreter beider Seiten orientiert und somit die Realität in eine riesige Propagandamaschinerie transformiert. Die Realität hinter den Potemkin Dörfern der großen Fernsehgesellschaften sah aber anders aus hier lebten Menschen, die mitunter Jahre und Jahrzehnte damit verbracht hatten, das totalitäre System, den Hass und den Nationalismus mit Hilfe ihrer Kreativität zu bekämpfen. Schriftsteller, Klangkünstler, Radiopersönlichkeiten, Medienarbeiter, Journalisten und Musiker, sie alle erlitten bei diesem Krieg grossen Schaden." "Other Voices: Echos from a Warzone" ist über diese Menschen und für diese Menschen und nun auch als Kunstradio CD erhältlich. Das Soundmaterial für seinen Livemix "Other Voices: Echoes From a Warzone" am 29. April 1999 und für die gleichnamige CD entnahm Gordan Paunovic folgenden Soundquellen. Aus dem Kunstradio-Archiv:
Aus dem Archiv von B 92:
Andere Quellen:
Ausserdem war Gordan Paunovic während der gesamten 100-minütigen Kunstradiosendung via Internet mit Belgrad verbunden. Von dort aus sendete der Künstler Robert Klajn einen Real Audio Stream, für den er zum einen Loops verwendete, die aus Soundmaterial bestanden, das er während der Bombenangriffe aufgenommen hatte. Als weitere Soundquelle diente Robert Klajn ein Mikrofon, das er vor seinem Fenster positioniert hatte. Die Idee war, die unmittelbare Stimmung in Belgrad akustisch einzufangen und nach Wien zu schicken. Natürlich wusste im Vorhinein niemand, dass Belgrad in dieser Nacht unter besonders heftigem Beschuss stehen sollte. |