SONNTAG, 11. Juni 2000, 23:00. - 24:00, Ö1

KUNSTRADIO - RADIOKUNST



MIT TAUSEND ZUNGEN

Eine ornithopoetische Sendung von Georg Jappe und Martin Leitner.




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Dauer: 45:48

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Mit dem Ruderboot der Biologischen Station haben sich Georg Jappe und Martin Leitner am Neusiedlersee auf einen Streifzug durch die letzten zusammenhängenden Rohrwälder Mitteleuropas begeben, um den einzigartigen Gesang der dort lebhaften Rohrsänger einzufangen. Sieben verschiedene Arten konnten die beiden im Zuge ihrer Exkursion auf Tonband bannen. Einige von ihnen sind ausschließlich an den Ufern des Neusiedlersees vorzufinden.

Georg Jappe: "Einst haben sich die Rohrsänger in die unfruchtbare Schilfwildnis zurückgezogen, niemand machte sie ihnen streitig. Heute wird ihnen gerade ihre Bescheidenheit zum Verhängnis — die Agrarindustrie trocknet die nährarmen Sümpfe aus für noch mehr Schweinemastfutter genannt Mais."

Jeder Vogel, so Jappe, zeichnet sich durch eine Kombination unverwelchselbarer Signale aus. Sie dient dem Rohrsänger sich in den dichten Binsen der Rohrwälder durchzusetzen. "Insbesondere der Sumpfrohrsänger kann — wie einst die Apostel als der heilige Geist über sie kam — mit tausend Zungen sich, seine akutische Umwelt und seine tropischen Erinnerungen verkünden. Dieser "Pfingstkönig", wie er bei den Insidern genannt wird, wäre sicher einer der populärsten Singvögel, wäre er lauter und häufiger."

Gelegentlich sind inmitten der Sängerwettstreite der Rohrsänger erregte menschliche Stimmen zu hören. "Der japanische Nobelpreisträger Kenzaburo Oe hat im Dezember 1999 in einer Rede auf den Berliner Festspielen erzählt, wie sein hirngeschädigter Sohn durch das Erlernen der Vogelstimmen schließlich sprechen lernte. Bedarf es weiterer Interpretation?"






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