SONNTAG, 4. Jänner 2004, 23:05. - 23:45, Ö1

KUNSTRADIO - RADIOKUNST



Archiv der nichtexistierenden Sprachen


von Eva Egermann

 


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A CASSETTE OF THIS PROGRAM CAN BE ORDERED FROM THE "ORF TONBANDDIENST"


[ English ]

Das Archiv der nichtexistierenden Sprachen, das Kunstradio zum Jahresbeginn 2004 präsentiert, ist ein kontinuierlich wachsendes Projekt der Künstlerin Eva Egermann, das deren Auseinandersetzung mit selbst entwickelten, für Außenstehende nicht dechiffrierbare (Fantasie-)Sprachen widerspiegelt. Die Archivierung der im Zuge der Recherchen aufgezeichneten Sprachen erfolgt in Form ihrer Nummerierung und Kategorisierung. Diese Methode der Definition bezeichnet höchstens die Form des "Vortrags" der Sprache, also Monolog, Dialog, Gesang u.ä., ist aber vollkommen wertfrei.

Die Situationen, in denen eine - nur für einen bestimmten Personenkreis verstehbare - Sprache neu erfunden bzw. durch Manipulation und Dekonstruktion bestehender Sprache entwickelt wird, sind vielfältig. Beispielsweise schaffen Kinder, insbesondere aber Zwillingspaare, eine ihnen eigene, exklusive Kindersprache, die ihnen eine bestimmte Privatheit gegenüber den Erwachsenen sichert.

Andererseits werden auch immer wieder sogenannte Geheimsprachen von Erwachsenen kreiert - eine Form der Kodierung von Sprache - nämlich dann, wenn sich diese Personen vor jemanden (etwa einem Unterdrücker, einem Feind, einem Vorgesetzten etc.) oder etwas (z.B. dem Gesetz) schützen wollen.

Sprache an sich, und umso mehr Geheim- oder selbstentwickelte Sprache, dient einerseits immer als Identifikationsmittel, zum anderen dient Sprache natürlich der Kommunikation. Hier kommen In- und Exklusionsverfahren und -erfahrungen zum Tragen.

Der spielerische Umgang mit bestehenden Sprachen, über deren Grundkenntnisse jemand beispielsweise nicht verfügt und deshalb gewissermaßen "erfindet" ist uns allen bekannt: Wer kennt nicht das kauderwelschartig vorgetragene abstrahierte Chinesisch, Norwegisch, Albanisch, Russisch ...? Was aber bewirken diese unverständlichen Mono- und Dialoge, manchmal singenderweise, dann wieder flüsternd vorgetragen bei dem oder der Zuhörer/in?

Der Künstlerin ist es auch bewusst, dass auch die Sprache der Kunst eine ist, die Ausschluß provoziert, die man / frau also erst mal lernen muss, um in einen Dialog eintreten zu können.

Dieses Archiv der, so gesehen, globalen Laute kann während und nach der Kunstradio-Sendung von ZuhörerInnen ergänzt und erweitert werden, indem sie auf einem Telefonband ihre Fantasie- und Geheimsprachen hinterlassen.


[ Deutsch ]

The Archive of Non-Existant Languages which Kunstradio will present at the beginning of the year 2004 is an ongoing and continuously growing project by Eva Egermann. It reflects her interest for self-developed (fantasy) languages which are not decipherable for outsiders. These are recorded within the course of the research process and are archived by means of consecutive numbering and classification in categories. The method for defining the languages merely describes the form of their recitation, e.g. monologue, dialogue, singing etc., and is absolutely neutral.

There are manifold situations in which a new, and only for a specific group of individuals understandable language is created, for instance by manipulating or deconstructing an existing language. Children, especially twins, often invent exclusive childrens' languages which guarantee them a special kind of privacy towards their parents. On the other hand, adults, too, repeatedly create so-called secret languages - a form of coded language - namely in situations when they want to screen information or need to protect themselves from somebody (an oppressor, enemies, or a superior) or something (the law). Language per se, and even more secret or self-invented languages, always functions as a means of identification; at the same time, it is also a natural way of communicating. Here, methods of in- and exclusion are applied. Everybody is familiar with a playful way of dealing with existing languages, for instance when someone has no basic knowledge of a language and therefore kind of "invents" it. Who hasn't experienced somebody gibbering pidgon-like abstract versions of Chinese, Norwegian, Albanian, Russian? And how do these unintelligible, sometimes whispered, sometimes sung mono- and dialogues effectuate the listeners?

The artist Eva Egermann is also aware that art, too, has a language of its own which provokes exclusion and implies that one must learn this specific language in order to be able to take up a dialogue. Before and during the Kunstradio broadcast listeners can add to this archive of, in a way, global sounds by leaving messages with their fantasy and secret languages on an answering machine resp. by posting them to the Kunstradio website.


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