SONNTAG, 23. Dezember 2007, 23:05. - 23:45, Ö1
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KUNSTRADIO - RADIOKUNST


 

 

"RADIORADIO"

von Andres Bosshard
In 5.1 Digital Dolby Surround via OE1DD

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Der Schweizer Künstler Andres Bosshard beschäftigt sich in diesem Stück, das er für Kunstradio neu produziert hat, mit seinen persönlichen Erinnerungen an Radiokunst und ihre Manifestationen im Raum. „RADIORADIO“ ist ebenso als abstraktes Hörspiel über die Radiokunst zu verstehen, wie es Bosshards Wertschätzung für das Medium an sich verdeutlicht.

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Interview mit Andres Bosshard vom 18.7.2007

Welche Idee liegt dem neuen Hörstück RADIORADIO zugrunde?
Bei Godards Histoire(s) du Cinéma hat mich sehr fasziniert, wie er es schafft, dass die Bilder miteinander zu sprechen beginnen und dass Emotionen passieren. Also dass die Bilder nicht eine Collage, eine Montage sind, sondern sie bilden eine Welt, in der diese Geister der Erinnerung plötzlich wach werden. Für das 20-jährige Jubiläum von Kunstradio bin ich durch meine eigenen Erinnerungen, durch meine Erinnerungswelt spazieren gegangen. Ich habe dann immer mehr Dinge entdeckt und habe eine Art Labyrinth gebaut in meinen Erinnerungen – das versuche ich in RADIORADIO hörbar zu machen.

Wir gehen da in den Erinnerungen herum, zwischen Fakten, Begegnungen, Nebenerscheinungen, Ereignisschauplätzen, Unfällen, Missverständnissen. Gleichzeitig stelle ich mir die Zukunft vor, weil die Geschichte basiert auf dieser Geschichte von SETI – das ist die Search for Extraterrestrial Intelligence, die eigentlich seit langem läuft und bis jetzt zu nichts geführt hat. Die haben diese Riesenantennen gebaut, horchen ins Weltall und hören einfach nichts. Jetzt haben das andere Leute übernommen, die NASA hat sehr viel Geld hineingesteckt. Plötzlich hören sie etwas. Aber sie hören nicht fremde Wesen, sondern sie hören die Radio-Echos von unseren eigenen Sendern, die wir da die ganze Zeit ins Weltall blasen.

Wir haben ja das Mondecho zweimal aufgeführt in Österreich. Da haben wir das bewusst gemacht, mit dem Echo vom Mond gespielt, mit dem Radio-Echo. Wenn man mit Marssonden kommuniziert, ist das nichts anderes. Man schickt ein Signal, muss manchmal bis zu 20 Minuten warten, bis das wieder zurückkommt. Es gibt nichts im Weltall, was die Radiowellen dämpfen würde. So wie wir Supernovas sehen von Sternen, die vor x-Milliarden Jahren explodiert sind, sind auch Radiowellen auch unterwegs, ein bisschen schwächer, als solche großen Eruptionen, aber sie sind auch unterwegs, und reflektieren und kommen wieder zurück. Die ersten Fixsterne in unserer Nähe sind so 2-3 Lichtjahre weg – da müssen wir dann entsprechend 4 oder 6 Jahre warten, bis die Radioechos wieder zurückkommen.

Wenn wir jetzt alle Sterne anschauen – und es gibt genug viel, es ist wie ein Radiowald – dann kommen die Echos von überall zurück. Nicht nur das – sie summieren sich, und dann haben wir ein Riesenproblem. Weil der Äther ist dann voll von Radiogemurmel. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir dort sind. Ich denke, dass es dann eine Lösung braucht, und dass futuristische Radiotechniker ins Weltall geschickt werden, um Platz zu schaffen. Die müssen den Radio-Äther putzen.

Ich stelle mir auch vor, wie sich Sendungen durcheinandermischen. In meiner Vorstellung nehmen diese Stimmen untereinander Kontakt auf und verbinden sich. Die Geister nehmen dann mal Kontakt auf untereinander – und das sind dann eigentlich die Aliens. Unsere eigenen Echos sind unsere Aliens. Das finde ich schon eine Konsequenz von Radio.

In Hall haben wir für das Projekt Zeitgleich einen Sender installiert, der drei Wochen lang eine Signatur durch das Weltall geschickt hat. Das hinterlässt dann eine Spur, weil die Erde dreht sich – es gleicht einem Tanz. Eigentlich denke ich, dass diese Signaturen ganz wichtig sind, wie sich diese Formen der Radiowellen im Weltall aufschwingen. Alle unsere Sendungen machen solche Formen und führen gemeinsam ein Ballett auf. Das Hörspiel RADIORADIO ist eigentlich dem Ballett gewidmet, das wir da veranstalten. In dem Moment, wo man sich der Bewegung bewusst ist, machen wir die Bewegung anders. Echo Ho, das ist eben diese Taikonautin, die da im Weltall putzt, die kann mit ihren Geräten diese Bewegungen sehen. Sie sieht, ob sich einer dieser tollen Spiralbewegungen bewusst ist. Im Moment, wo man sich bewusst ist, sendet man anders.

Ich möchte natürlich als Weihnachtsgruß allen Radios, allen Menschen die Radiosendungen machen, sie darauf aufmerksam machen, dass sie ein schönes Ballett vollführen im Weltall, und dass sie sich dessen ein bisschen bewusst werden. Und das wäre sehr schön.

Das ist dann so eine missachtete Nebenwirkung von Radio.
Richtig. Und es ist auch gleichzeitig so, dass wir da ein Universalarchiv nähren. Das heißt, diese Radiosendungen gehen nie verloren. Lustigerweise ist es im Weltall oben sicherer als auf unserer Datenbank. Je nachdem gibt es vielleicht einmal eine Möglichkeit, dass die Menschheit das wirklich als Gedächtnis benutzt. Also schreiben wir eigentlich ein Gedächtnis für die Zukunft.
Gleichzeitig sind es unsere Erinnerungen, unsere Erlebnisse, und es ist voller Emotionen und Rätsel was wir da eigentlich tun. Rein von der Energie her ist es interessant, wenn Du sagst ein Nebenprodukt. Wenn Du aber die Ingenieurstechnik anschaust: eine Radioantenne sendet mit ziemlich großer Energie das weg, und zwar diffus weg. Das heißt, die Chance, dass das einen einzelnen Hörer trifft, ist relativ klein. Die Hauptmasse geht mal einfach in den Raum. Das ist eigentlich nicht so schlecht. Das ist eigentlich nicht ein Nachteil, sondern wir senden unsere Emotionen in den Raum, in dem wir leben. Das finde ich ganz toll. Wir sind eigentlich so eine Art emotionelle Gärtner für die Zukunft.

Aber braucht es dann nicht Methoden oder Fertigkeiten, um das Gedächtnis zu lesen?
Das stimmt. Aber ich denke, da sind wir geheimnisvolle Menschen genug, um davon eine große Ahnung zu haben. Die ganzen Radiogeschichten sind vielleicht auch nur eine merkwürdige Abbildung dieses Zustands, dass wir eh miteinander verbunden sind.
Dass wir eine Aufnahme machen und transportieren, wir schneiden, wir senden – ich denke, dass das eigentlich eher ein Ausdruck ist von dem, was dieser Raum bietet und wir das eben sowieso können.
Es gibt diese Idee von Radio schon so lang. Es gibt von Bacon eine Beschreibung eines Tonstudios aus dem 16. Jahrhundert, wo er ein Sound House beschreibt, in dem man Töne aufnehmen und speichern kann, er beschreibt sogar Kopfhörer. Die hat er noch nie gesehen, also, es ist wirklich ganz verrückt. Neu Atlantis heißt der Text. Da wird zu diesem Haus der Klänge geführt, wo man eben Töne und andere Harmonien kennt, man kann alle Geräusche nachmachen, man kann Klänge auffangen und durch lange Kabel senden wohin man will. Er beschreibt wirklich, was wir heute haben bis ins Detail. Das heißt, dass wir das nicht über die Technik erst entwickelt haben, sondern die Vorstellung muss da gewesen sein, damit wir das überhaupt realisieren konnten. Das ist sehr erstaunlich.

Also soll niemand sagen, dass Utopien sinnlos sind.
Nein, das ist ganz wichtig. Gerade weil sie nirgends existieren, stellen sie trotzdem einen Bezug zu uns her, zu unserem Ort. Das ist wie eine Aussicht in die Ferne. Das ist nicht nur die Sehnsucht, dass man dort hin will, sondern die Fähigkeit, dass wir hier sind und dorthin eine Art Verbindung aufnehmen können. Das ist unsere Fähigkeit.
Das ist für mich auch Radio, diese ganz tollen Projekte und Kunstradio mit all diesen Installationen und Radioübertragungsexperimenten, die wir machen konnten. Das war wirklich eine solche Exploration von öffentlichem Raum. Das war uns ganz wichtig, dass das nicht in einem technischen Studio passiert, sondern immer mit Öffentlichkeit verbunden. Sei es auf einem Platz, sei es um eine Kirche rum. Oder auch auf öffentlichen Radiosendern. Das war schon eine ganz außergewöhnlich tolle Geschichte. Und ich glaube, dass das für das alltägliche Radio, das Sendungen produziert und eine Aufgabe hat, dass innerhalb dieser Radioinstitutionen so ein Herzpuls ist, dass es ganz andere Emotionen wach halten kann. Radio ist schon eine ganz wichtige Sache, die uns allen gehört auch.

Wie kommen dann Deine eigenen Erinnerungen zum Tragen?
Sobald ich mich da nur ein bisschen zurück entsinne, rieche ich geradezu, wie der Blitz in das Mikrophon eingeschlagen hat am Patscherkofel und wir da aufgeregt herum gefahren sind. Das sind eben sehr starke Emotionen, ebenso die Bilder, die es dazu gab. Das kommt eben auch vor in dem Stück. Da sind wir mit dem Gerfried ein paar Stunden vor der Eröffnung noch rauf zum Sendemast, zu Fuß. Es gab Gewitterstürme, ein ganz unruhiges Wetter. Und da sahen wir so eine kleine Wetterstation, die mit ihren komischen Instrumenten und ihren Fähnchen-Drähten. Da war unsere Aufregung, eine unglaubliche Geschichte. Gerfrieds Roboter, der eben vom Blitz getroffen wurde, der dann nur noch so lahm da stand. Wir kriegten das dann doch noch wieder hin.
Es war ganz toll. Das war eine der tollsten Installationen, die wir machen konnten. Ich habe gerade vorhin wieder mit ein paar Leuten drüber gesprochen. Das merkt man dann im Moment noch gar nicht so, wenn man das macht. Aber im Nachhinein.
Das Projekt Zeitgleich produzierte eine ganze Radiolandschaft. Und ist immer noch visionär, wie man heute solche Ausstellungen eigentlich träumt herstellen zu können. Dass man Objekte hat, die klingen, Dinge die sich übertragen, Spiegel die sich in den Räumen von weit weg spiegeln. Und wir haben bis ins Weltall gesendet – also wirklich Radio in seiner vollen Blüte.

Das andere große Projekt, das in Deinem Stück vorkommt ist Realtime.
Realtime war vielleicht das Utopischste, was wir machen konnten, weil wir die Situation nutzten, dass nachts noch nicht gesendet wurde. Das war 1993, da waren nachts noch wirklich diese Testsignale. Wir konnten einfach von drei Landesstudios aus nachts einfach alle Drähte miteinander verbinden, die wir wollten, alle Leitungen legen. Wir haben so eine Art Ringschaltung gebaut aus so vielen Kanälen, wirklich ein kleiner Palast. Ich war für die akustischen Verbindungen zuständig, und wir haben einfach x-mal ein Signal hinaus und zurück geschickt, sodass diese Kreise sich quasi wie in einem akustischen Raum verhalten haben. Und es entstand auch ein akustischer Raum. Das kann man auf den Aufnahmen ein bisschen hören, aber nicht wirklich, wie man Raum auf Aufnahme hört. Aber man muss sich vorstellen, wenn man das richtig kaskadiert, da entsteht ein virtueller Raum, der mehrere Städte umfasst.
Die visuelle Kamera war nur noch der Kontrollmonitor zu diesen Radioräumen, also es war sehr spannend. Nach drei Tagen waren wir so euphorisiert, dass wir Entzugserscheinungen hatten. Es war wie eine Meeresschifffahrt, und wenn man dann auf festen Boden kommt, dann fällt einem einfach ein bisschen schwer nur noch zu Fuß gehen zu müssen.

Das war so toll. Was wir heute vielleicht mit Telefonen oder Skype erleben, wenn wir es einfach offen lassen können und weggehen, und er ist immer noch da – so war der ganze Raum: der Gerfried war einfach da, man hörte ihn immer arbeiten, der war aber in Graz. Und wir waren in Innsbruck und die anderen waren in Linz. irgendwie war das am Schluss so normal, dass wir alle beisammen sind, dass als wir es abschalteten gar nicht mehr, das war wie ein Entzug, warum sind die jetzt nicht da?

Auf einmal hat eine Dimension gefehlt.
Genau, und es war eine unglaublich tolle Dimension, weil auch die Atmosphäre, Räume, Stimmungen übertragen wurden. Eine Vision ist, dass solche Übertragungssphären uns in Zukunft wie eine Architektur zur Verfügung steht, solche Übertragungssphären.

Das wäre eigentlich auch wichtig, wenn man denkt, dass zwei Städte so kommunizieren könnten. Sagen wir einmal zwei Städte wie Irak und New York verbindet man so atmosphärisch, dass da ein ganz wichtiger emotioneller Austausch stattfindet, der über diese hysterischen Radiokanäle hinausgeht, die uns eh ja bescheißen. Dann werden die irgendwann nicht mehr glaubwürdig. Oder vielleicht einfach, dass man eine Subway Station in Moskau hört, hier. Irgendwo. Also, Atmosphäre ist eine ganz wichtige Information, die sonst eigentlich verloren geht.
Klanginstallationen, Klanggärten, Klangbrücken: die können eine solche öffentliche Funktion übernehmen, dass sie Atmosphäre übertragen, Stimmung wiedergeben. Das ist ganz wichtig für das Zusammenleben für die öffentlichen Plätze, deren akustischer Raum durch den Verkehrslärm häufig verwaschen, verspült ist. Man fühlt sich dann in einer ganz kleinen Kapsel drin. Wichtig ist die Hörsphäre – was Radio schon seit Anfang an ganz magnetisch verspricht, diese Sphäre, in der man hörenderweise gleichzeitig teil hat.
Welche Bedeutung hat dabei die Live-Übertragung?
Wenn man so ein Hörstück live im Radio hört, ist es noch mal was anderes, als wenn man es von CD hört, das ist was anderes. Man hat da an einem Raum gemeinsam teil. Das war ja nach dem Krieg mit dem Preis für Kriegsblinde so wichtig. Da war das so richtig explodiert in den 50er Jahren, die ein demokratisches Ritual auch sein kann. Dass man immer wieder gemeinsam dahin hört, und das ist sehr stark.

Ist es das erste Mal, dass Du mit Schauspielern arbeitest, die einen Text einlesen?
Ich habe es schon gemacht, aber nicht mit eigenen Texten. Ich habe oft schon geschrieben und veröffentlicht, aber das ist auch schön, wenn der eigene Text zu leben beginnt. Bei RADIORADIO war es sofort total lebendig, und wir hatten einen großen Spaß das zu machen. Ich denke, dass es gut rüber kommt. Mehr muss es dann ja auch nicht sein, das ist nicht der Anspruch auf große Literatur, sondern es geht ums Geschichtenerzählen. Diese Sachen zu erzählen, die gesprochenen Worte, die Argumente noch mal im Kopf zu hören und merken, dass das eine ziemlich komödiantische Verwechslungsgeschichte ist, weil wir uns oft missverstanden haben und trotzdem was passiert ist. Das war ja eine abenteuerliche Zeit.

Wer sind die Charaktere?
Echo-Ho, das ist jemand, den es gibt. Das ist eine Chinesin, die ich kennengelernt habe an der Kunsthochschule für Medien Köln. Ich habe ihr den Text vorgelegt und sie ist sehr einverstanden, als chinesische Taikonautin im Weltall zu sein, das passt ihr.
Sonst gibt es einen Erzähler, der in mehrere Stimmen zerfällt:

Es ist eine Frauenstimme, eine gehetzte Männerstimme, eine ruhige Männerstimme und eine zweite Frauenstimme – also eigentlich ist es fast ein Quartett. Es ist aber eigentlich eine einzige Erzählstimme. Das habe ich jetzt ein bisschen entdeckt, das ist sehr schön – da muss ich nicht dramaturgisch Personen erfinden, sondern es ist wirklich ein bisschen musikalisch gedacht, wie ein Streichquartett. Das hat mir sehr gut gefallen – ich bin da auf etwas Neues gestoßen und werde es noch weiter entwickeln. Dadurch muss ich mich einer in der Literatur wichtigen Ebene der Psychologie der Charaktere nicht stellen, ich kann ich mich ganz elegant davonschummeln. Weil das ist dann wieder weniger mein Gebiet. Da stehen aber dann die Klänge und die Atmosphären, die ich noch dazu erzeuge, und auch unsere zum Teil sehr musikalischen, radiophonen Experimente – das soll ja dann emotionell auch tragen können und sich nicht konkurrenzieren.

Wie gehst Du hier mit dem Radioraum um?
Es ist ein 5.1 Radiospiel, und es gibt verschiedene akustische Räume, die übereinander gelagert werden, und durch die man durchgesteppt wird. Ich möchte es nicht didaktisch machen, es ist einfach das Gefühl, dass in dem Radioraum viele Schichten da sind, und Dimensionen ineinander verschlungen sind, Räume immer wieder neu entstehen. Ich benenne das auch: es gibt den Klangraum, es gibt den Radioraum, den elektromagnetischen Raum, einen Emotionsraum – teilweise sind die Konkurrenten, teilweise überhaupt nicht. das hängt auch ganz von unserer momentanen Konzentration und Stimmung ab. Wenn man nachts die Leute sieht, die halbtrunken laut reden, in die Stille der Nacht aus einer Bar raus, merkt man, die sind jetzt in einem anderen Raum.
Ich habe das unlängst so unglaublich erlebt, dass wir einen Hörspaziergang gemacht haben und mittelalterliche Echos gehört haben in der Stadt. Da war eine Bar, und man merkte, die Besucher sind nicht in der gleichen Dimension. Die schrien so laut, weil es in der Bar so laut war. So merken wir, dass wir in der Stadt ganz viele Räume und Super-Räume haben. Ich würde eigentlich ein bisschen meinen, das sind Radioräume. Da sind ganz wichtige Kräfte, die wir gar nicht benennen können. Es gibt eine interessante Übung, die auch nicht immer leicht ist: ich bin manchmal am Denken, und einer funkt mir einfach rein. Ich höre seine Geschichte, ich will die jetzt gar nicht hören. Und ich kann mich quasi von diesem Sender nicht lösen, obwohl ich sie nicht hören will – wie mach ich das? Das ist total witzig. Die Werbung macht sich das natürlich zunutze.
Das macht Stadt aus. Erlaubt man das und will man das, und will man es nicht. Es ist auch wichtig, dass man immer wieder ganz existentiell gefordert wird. Weil sonst erzeugt man eine Art Gewächshaus und wir wissen einfach, dass Pflanzen in einem Gewächshaus zwar sehr schnell blühen, aber irgendwie schmecken sie fad, oder? Das könnte mit uns auch passieren, in einem kulturellen Gewächshaus. Europa ist da eigentlich an einem entscheidenden Punkt. Wir müssen ein bisschen die Glasfenster öffnen, wir sind nämlich dran, ein solches Gewächshaus zu erzeugen, auf mehreren Dimensionen. Und sind gar nicht mehr bewusst, dass wir eine relativ kleine Insel geworden sind im großen Meer der schnell wachsenden Völker. Wenn man Indien und China und Malaysia ansieht, die sind je eine Milliarde. Wir in Europa verhalten uns so als wären wir auch mindestens eine Milliarde, wir sind aber doch relativ wenige. Das ist für mich auch die Parallele zu Radio: wenn die Senderäume nebeneinander existieren und an den Grenzen gibt es ganz tolle Verwirbelungen, Missverständnisse, das ist für mich was schönes. Diese Räume, gerade weil sie so luftig sind, sind eine große Chance uns zu begegnen. Wir dürfen uns die richtig so groß vorstellen wie wir können. Weil wir da auch Platz schaffen für viele Vorstellungen. Es ist gerade das Gegenteil von den physischen Dimensionen, um die wir so ringen, denn in den Radiowelten haben wir plötzlich Platz.


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