"Tibet" erfinden aus Nichts.
"Tibet" finden in allem, das zur Verfügung steht.
Und Verlieren. Und wiederfinden.
Wiedererfinden als Bemalung des tiefblauen tibetischen Himmels mit Zeichen, Bildern, Wellen, Schrift, so flüchtig wie Wolken im Frühling.
Insbesondere dann, wenn eine Kultur zum Teil bereits unwiederbringlich zerstört, verloren, und nicht wieder rekonstruierbar ist, schmerzende Leerstelle ist und bleiben muss.
Also auffinden, lesen, hören was ist (und sein kann), sich ununterbrochen verändert, neu bildet (wie es das ewige Wesen der Dinge ist).

"Reinventing Tibet" bezieht sich auf Überlegungen zum Reisen als Kunstform des Körpers und des Bewusstseins, zu Politik, Geschichte und Spiritualität, die während und im Anschluss an zwei ausgedehnte Reisen durch Tibet, Nepal, sowie die nordindischen Gebiete des Himalaya aufkamen.

Als "Führer" und Gefährten durch riesige Landschaftsräume, zu weit entfernten Orten und Bevölkerungen nahm ich mir Giovanni Battista Piranesi, den unübertroffenen Wiedererfinder und "Übersetzer" des antiken Rom aus seinen Fragmenten, sowie den genialen Erfinder der "Carceri", jener Abgründe des Geistes und der Seele, die die Schrecken der Moderne vorwegnehmen.



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Wieder zurückgekehrt ging es mir darum ein "inneres Soundscape" dessen zu entwerfen, was für mich "Tibet" bedeutet, was es heute bedeuten kann, und zwar unter konsequenter Nichtverwendung sämtlicher möglicher realistischer, das heisst, von mir oder anderen Reisenden vor Ort aufgenommenen Ton - und Bildmaterialien. Zur Komposition des Stückes fliesst ausschliesslich Material aus anderen Kontexten ein, das heisst übertragenes, übersetztes, in seiner Fremdheit und Gebrochenheit nicht realistisches, nicht abbildendes Material, sieht man von geringfügigsten Fragmenten ab, die als Einsprengsel unentdeckt und unidentifizierbar bleiben.

Wenn ich von "Tibet" spreche, meine ich nicht nur den 1959 gewaltsam durch Maos China von der Landkarte gestrichenen Staat Tibet, dessen Exilregierung und höchster spiritueller und politischer Repräsentant, der 14. Dalai Lama, und mit ihm die Oberhäupter aller Linien des tibetischen Buddhismus, sowie zigtausende Flüchtlinge, seit dieser Zeit in Dharamsala, sowie an vielen anderen Orten in Indien, Nepal, u.a. leben und sich bemühen, die Interessen der Menschen Tibets zu vertreten, sowie die tibetische Kultur zu bewahren und in eine glücklichere Zukunft zu entwickeln, sondern den ganzen tibetischen Kulturraum, der Teilgebiete Chinas, Indiens, Nepals, Bhutan, aber auch, durch die rasante Ausdehnung des tibetischen Vajrayana - Buddhismus im Westen, sich bildende innere und äussere Landschaften z.b. der Staaten Europas und Nordamerikas umfasst, wie auch meinen persönlichen, in den Verwandlungsprozess eingebrachten Landschafts-, Empfindungs-, Lebensraum "Tibet".

Dass die Besetzung des unabhängigen Staates Tibet durch China illegal, folglich durch die Völkergemeinschaft nicht anerkannt ist, darauf sei an dieser Stelle naturgemäss hingewiesen, ebenso sei der Staat Österreich, der, selbst 1938 von der Landkarte gestrichen, einiges Bewusstsein für bedrohte Völker und Kulturen entwickelt haben sollte, als eines der reichsten Länder der EU, sowie deren österreichische Aussenbeauftragte Ferrero - Waldner, aufgerufen, alle Möglichkeiten der Konfliktvermittlung und Hilfeleistung für die Menschen Tibets (und Chinas) einzusetzen.
Diese Arbeit ist als Geschenk für die Menschen des tibetischen Kulturraums, insbesondere für ausnahmslos alle leidenden Lebewesen im besetzten Tibet gedacht.
Die Gottheiten werden siegreich sein!