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Mit Terry Fox hat die Kunstwelt einen Ihrer Besten verloren. Doch seine Stimme ist dadurch nicht verklungen

Ich hatte das Glück mit diesem Besten, beginnend im Jahr 1996, dreimal zusammenarbeiten zu dürfen. Ein viertes, bereits begonnenes Projekt, bleibt durch Terry Fox’ Tod nun bedauerlicher Weise unvollendet. Es hätte den Künstler und Menschen Terry Fox in besonderer und sehr persönlicher Weise filmisch, in der Regie der österreichischen Filmemacherin Sabine Groschup würdigen sollen.

Terry Fox’ Hinterlassenschaft für Wien, einer Stadt die ihm seit den Endsiebzigern sehr am Herzen lag, die er aber danach über dreißig Jahre nicht mehr besuchte, ist seine Acht-Kanal-Tonspur mit dem Titel „Acousticks“. Für diese Klangarbeit verwendete Terry Fox ein historischen Metronom erstmals nicht als Taktgeber, sondern als Instrument.
Im Verlauf der Entstehung der Arbeit fand er dazu heraus, daß ein Prototyp des Metronoms bereits 1816 von Johann Nepomuk Mälzel in Wien gebaut und patentiert wurde. Diese Zufälligkeit hat Terry Fox besondere Freude bereitet.
Für „Acousticks“ entstand darüber hinaus eine sehr schöne Notation unter Verwendung einer Reihe von musikologischen Begriffen zu Zeitaspekten in der Musik, von „Largo“ (40 Schläge pro Minute) bis „Prestissimo“ (208 Schläge pro Minute).
Diese Notation ziert das Plakat zur TONSPUR 23 von Terry Fox.

„Acousticks“ entstand im Februar 2008 im Rahmen einer einmonatigen Artist-in-Residence, die Terry Fox auf Einladung von TONSPUR im quartier21 im MuseumsQuartier Wien, gemeinsam mit seiner Frau, der Filmemacherin und Autorin Marita Loosen, seinerzeit mit großer Freude antrat.
Die Uraufführung der äußerst intensiv klingenden TONSPUR 23 fand am 24.02.08 in der TONSPUR_passage im MQ Wien statt. Dort war „Acousticks“ bis zum 31.05.08 täglich von 10–20 Uhr zu hören.
Eine persönliche Notiz: Die 23 ist meine Lieblingszahl und so wollte ich für die Gestaltung der TONSPUR 23 einen Künstler einladen, dessen Arbeit mit Klang mir ganz besonders imponierte.
Es kam nur Terry Fox in Frage.

Von der Malerei kommend, fand Terry Fox in der europäischen Fluxusbewegung und hier insbesondere in der Performance- und Aktionskunst seine geistige und schöpferische Heimat.
Die frühe Body-Art ist ohne Terry Fox nicht zu denken und für das zeitgenössische Verständnis von Klang als Material auch der bildenden Kunst, steht er als einer der Pioniere zeitgenössischer Klangkunst Pate.
Hochgeschätzt von Kollegen, Kuratoren, Vermittlern und Theoretikern, war Terry Fox im Verlauf seiner Schaffensperiode von über vier Jahrzehnten auch immer den nachrückenden Generationen Inspirator und Vorbild.

Terry Fox imponierte in allem: wie er dachte, was er tat und was er schuf.
Er bleibt als enorm wandlungsfähiger, teils radikaler, oftmals stiller, immer von poetischem Reichtum gesegneter, beschwörender Meister der Kunst die sein Leben war, im kollektivem Gedächtnis der die Kunst als entscheidende Zutat für ein reicheres Leben wahrnehmenden Menschen.
Sein künstlerisches Wirken und Schaffen verdient als Lebensleistung allerhöchsten Respekt und Anerkennung. Ein großartiges und umfangreiches Werk, das durch den Tod nun zu seiner Hinterlassenschaft wird, zeugt davon. Es darf keinesfalls in Vergessenheit geraten, dafür gilt es Sorge zu tragen.

Nur zu oft ist es zu früh, wenn jemand geht – so auch bei Terry Fox. Er wurde gerade 65 Jahre alt. Doch verhält es sich mit Terry Alan Fox ein wenig anders:
Krankheit und damit verbunden eine körperlich eingeschränkte Leistungsfähigkeit, haben den 1943 in Seattle im Bundesstaat Washington geborenen, früh nach Europa abgewanderten Amerikaner, über weite Teile seines Lebens begleitet. Das er trotzdem ein Alter von 65 Jahren erlangte, grenzte für viele, die ihn kannten und die mit ihm arbeiten und ihn erleben durften, an ein Wunder. Auch Terry Fox selbst war darüber oftmals erstaunt.

Terry Fox hat trotz aller Widrigkeiten immer weiter gearbeitet. Er hat es verstanden, sich mit seinen ‚Möglichkeiten‘ wie mit seinen ‚Unmöglichkeiten‘ zu arrangieren. Und so wurden diese ‚Bekannten‘ und ‚Unbekannten‘ direkt oder indirekt zum Bestandteil seines Werkes.
Wahrscheinlich rührt es daher, das dieses Werk, samt der Notwendigkeit und Unmittelbarkeit seiner Entstehung, so persönlich und intensiv an uns herantritt.

„Lieber Terry: Dein künstlerisches Werk ist jetzt Statthalter für Deine Stimme. Durch dieses großartige Werk wird Deine Stimme bei denen, die sie hören wollen und können, nicht verklingen!“
„So hast Du es Dir wohl gedacht und so wird es auch sein.“
„Dank dafür!“

Epilog
Ich hörte, Terry wünschte sich einen Baum.
Ich bin mir sicher all jene, die Terry gekannt, geschätzt und geliebt haben, wünschen diesem Baum, daß er wie Terry so viele Stürme wie möglich übersteht und dabei immer von Neuem die vorüberziehenden Wanderer auf ihrem Weg von hier nach dort mit seiner Form, seinen Farben, seinen Früchten und Samen und seiner einzigartigen Magie in seinen Bann zieht – so wie zu Lebzeiten der leidenschaftliche und großartige Künstler und wundervolle Mensch Terry Fox.

Georg Weckwerth ist Künstler, Kurator und Künstlerischer Leiter des Projektes TONSPUR im Museumsquartier Wien