SONNTAG, 7. Juni 2009, 23:03 - 23:45, Ö1

KUNSTRADIO - RADIOKUNST




„flugs“ 

von Gertrude Moser-Wagner und Martin Leitner
in 5.1 Surround Sound


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Kunst und Wissenschaft beflügeln einander wechselseitig. Wie, in welcher Form, das untersucht Gertrude Moser-Wagner 2009 im Projekt ZUGUNRUHE. Der Begriff stammt aus der Ornithologie, die das Verhalten der Zugvögel erforscht. Eine wissenschaftliche Methode beschreibt, dass Vögel zum Zweck der Beobachtung im Käfig gehalten werden. Wenn, genetisch gesehen, „ihre Zeit gekommen ist“, so stellen sie sich auf ihre Zugrichtung ein und flattern heftig mit den Flügeln: Sie ziehen quasi im Sitzen.

„flugs“ ist die Weiterentwicklung der Imagination einer Zugunruhe mit akustischem Material aus Natur, Ornithologie und poetischen Textfragmenten.

Die Basis bilden Martin Leitners über Jahre gesammelte Vogelaufnahmen, aufgenommen vor allem dort, wo der Mensch nicht präsent ist, in weitgehend motorenfreien Zonen. In dünn besiedelten Gebieten, an unwirtlichen Rändern Europas, oder beispielsweise entlang ehemaliger, aber nach wie vor gut bewachter Schengen-Grenzen. Zu hören sind Zugvögel, hauptsächlich deren Gesang nach der Rückkehr ins Brutgebiet, aber auch die Fluggeräusche zigtausender Bergfinken, die spätnachmittags im südsteirischen Winterquartier immer größer werdende Schwärme bilden. Andererseits Kinder aus Laos, die für einen Dollar einen gefangenen Vogel freilassen und Kanarienvögel, die immer frei waren. Dann die Zugvögel auf der Mittelmeerinsel Ventotene, die auf ihre Beringung und Vermessung durch Ornithologen für kurze Zeit in Bauwollbeuteln warten.
In Ventotene, wo das einzige Museo della migrazione degli uccelli (Vogelzugmuseum) steht, hielt sich Gertrude Moser-Wagner auf und sammelte akustische Eindrücke. Im Herbst und Frühjahr rasten hier Unmengen von Vögeln, bevor sie weiterziehen, nach Afrika oder zurück nach Europa. Die Einwohnerzahl der Insel schrumpfte nach dem Krieg von 2000 auf 500 durch Arbeitsmigration nach Amerika oder ans Festland. Die Insel steht inzwischen unter Naturschutz, um touristisch zu punkten, Trinkwasser bringt das Containerschiff und die typischen Vogelfallen gibt’s (hoffentlich) nur mehr im Museum.

Schließlich ist da noch der niederösterreichische Ort Hohenau, an den March-Thaya-Auen gelegen, ebenfalls ein Naturschutzgebiet voller Gastvögel.
Hier ist Moser-Wagners Viertelfestivalprojekt „Beringt und Abgeflogen“ im Haus des Vereins Auring am 6. Juni 2009 angesiedelt. Das Projekt bezieht sich nicht nur auf dortige naturwissenschaftliche Studien, sondern sammelt im Vorfeld auch schriftliche Beiträge von Bevölkerung, Schreibgruppen und Autorinnen zum Thema. Fragmente daraus, u.a. von Marianne Schoiswohl und Eva Maria Dörn, sind in „flugs“ eingebaut. Eine Vogelstimmen-Installation von Martin Leitner ist dort zu hören.

Zu hören sind in der Reihenfolge ihres Auftretens:
  • Vögel in der Vogelberingungsstation in Ventotone, Italien
  • Gelbschnabel-Sturmtaucher (Diomedea) in Ventotone, Italien
  • Wachtelkönige auf den Hebriden, Schottland
  • Bergfinken in der Südsteiermark, Österreich
  • Markt, Kaschka-Darja, Usbekistan, Zentralasien
  • Sperbergrasmücke, Burgenland, Österreich
  • Maikäfer, Seewinkel, Österreich
  • Mauersegler, Wien, Österreich
  • Störche, Marchegg, Österreich
  • Vögel in der Vogelberingungsstation in Ventotone, Italien
  • Tüpfelsumpfhuhn, Seewinkel, Österreich
  • Lerchen, Schottland
  • Schlagschwirle und Schilfrohrsänger, March, Österreich
  • Heringsmöwen, Hebriden, Schottland
  • Kiebitze, Hebriden, Schottland
  • Kinder, Schottland
  • Kuckuck und Wiedehopf, Burgenland, Österreich
  • Kinder, Laos
Link:
http://www.viertelfestival-noe.at/beringt_und_abgeflogen




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