Sonntag, 24. April 2011, 23:03 - 23:45, Ö1
[ ENGLISH ]

KUNSTRADIO - RADIOKUNST





Station Rose Jingle 2011 „Cliffhanger“


A COPY OF THIS PROGRAM CAN BE ORDERED FROM THE "ORF TONBANDDIENST"


Die Evolution der Kybernetik wird vorangetrieben, kündigt Gary Danner von der Künstlergruppe Station Rose an, denn auch nach über zwanzig digitalen Jahren sind für Danner und Elisa Rose die Möglichkeiten des Cyberspace noch nicht erschöpft. Ihre ersten zwei Jahrzehnte im Internet resümierten Station Rose mit der Monographie „20 Digital Years Plus“, die voriges Jahr als Buch mit DVD und CD im Verlag für moderne Kunst Nürnberg erschienen ist. Am Dienstag, den 26. April 2011, sind Station Rose mit einer Installation und einer Lecture zu Gast im Kunstraum COCO am Bauernmarkt 9, 1010 Wien.

Jedes Jahr produzieren die Medienkunst-Avantgardisten Gary Danner und Elisa Rose, die bereits seit den Achtziger Jahren zusammenarbeiten, einen sogenannten Jingle fürs Kunstradio. Während ein Jingle in der Mediensprache ein Werbeclip von wenigen Sekunden ist, nehmen Station Rose eine Neudefinition dieses Formats vor: der Jingle kann eine ganze Sendung ausfüllen und dient nicht der Ankündigung oder Werbung, sondern der radiophonen Reflektion von Vergangenem, Gegenwärtigem und Kommendem.

Der erste Jahresjingle dieser Art wurde 1988 fürs Kunstradio produziert, und der Titel „Neue Umstände“ verhieß damals den Anbruch eines neuen Zeitalters: des digitalen Zeitalters. Das Jahr 1988 brachte für Elisa Rose und Gary Danner einige Veränderungen, Neuerungen und Öffnungen: in einem Gassenlokal in Wien-Wieden eröffneten sie als Station Rose eine multimediale Kunststation, die zu einem Knotenpunkt in der Wiener Avantgarde-Kunst werden sollte. Und, neben diesem physischen Raum, zogen Danner und Rose auch in den virtuellen Raum ein: „Cyberspace is our land“ verkündeten sie, als das Internet noch ein Insidern, Tüftlerinnen und eben Künstlern vorbehaltener Raum war, den es zu entdecken und zu definieren galt.

Anfang der 1990er Jahre zogen Gary Danner und Elisa Rose vom als trist und rückständig empfundenen Wien in die Techno-Hauptstadt Frankfurt. Dort schufen sie mit ihren audiovisuellen Performances Gesamtkunstwerke mit Sound, Licht, Raum und Internet, die die Clubkultur prägten. Mit „Dave“ gelang ihnen 1992 auch ein kommerzieller Hit, der bei der Loveparade rauf und runter gespielt wurde. Mitte der 1990er Jahre zogen sich Station Rose von der Clubszene ins  digitale Eigenheim, ins Netz-Nest zurück und sendeten per Webstream ihre Botschaften in die Welt.

Damals war der Cyberspace für Elisa Rose und Gary Danner ihr Hauptwohnsitz, Frankfurt ein Nebenwohnsitz und in Wien hatten sie eine weitere Dependance. Diese Gewichtung hat sich nun verändert: mit 300 Umzugskartons haben Rose und Danner ihren Wohnsitz gewechselt und die Filiale Frankfurt bis auf weiteres aufgelassen. Der Umzug von Frankfurt nach Wien wird ebenso im neuen Station Rose Jingle thematisiert, wie die Gründe, wieso Frankfurt für sie nicht mehr lebenswert ist. In Frankfurt, erklären Elisa Rose und Gary Danner, mangelt es an künstlerischen Entwicklungsmöglichkeit – die Stadt sei den Finanzhaien zum Opfer gefallen, subkulturelles Leben steht still und als Bankenmetropole ist Frankfurt Hort einer Verdichtung von menschheitsgefährdenden Tendenzen. Entsprechend politisch haben Station Rose ihre jährliche Sendezeit im Kunstradio des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gestaltet. Zu hören sind etwa Auflistungen von Firmennamen, zynisch klingende Vertragsklauseln und auch Anspielungen auf die Mühsal der Relokation.

Der neue Station Rose Jingle ist  teils im abbaubereiten Studio in Frankfurt entstanden,  teils im eben erst ans Internet verbundenem Atelier in Wien und wohl auch irgendwo auf den Transitrouten zwischen den beiden Städten. Heuer ist der Jingle ausgesprochen musikalisch ausgefallen, wie Gary Danner meint, denn trotz der Exkurse in virtuelle Welten sind dem Musiker, der zuletzt vermehrt zur Gitarre greift, seine künstlerischen Wurzeln im Großbritannien der 1960er Jahre immer noch wichtig. Anders als in Vorjahresausgaben des Radiojingles, hat die Version 2011 einen eigenen Titel bekommen: „Cliffhanger“ zeigt an, dass Station Rose sich an einem Wendepunkt ihrer künstlerischen Arbeit und ihres Privatlebens befinden. Was folgt, bleibt offen.

Links:
http://stationrose.com

[TOP]



PROGRAM
CALENDAR