Sonntag, 2. Dezember 2012, 23:03 - 23:59, Ö1
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KUNSTRADIO - RADIOKUNST




Kunstradio Classics 2 – Aus dem Archiv 2012 - Teil 16:
„Má Vlast / Mein Vaterland / My Fatherland“ von Volkmar Klien
selected by Jon Rose


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Wo klingt es am schönsten in Österreich? Das wollte der Künstler und Komponist Volkmar Klien herausfinden und begab sich auf eine Reise durch Österreich per Autostopp. Im Gespräch mit den Reisegefährten hat er jene Orte erfragt, bereist und aufgenommen, an denen es in Österreich am Schönsten klingt. Aus dem so entstandenen Material hat Klien ein Klangportrait der Heimat geschaffen.

Aus Anlass des 25-jährigen Jubiläums wird „Má Vlast / Mein Vaterland / My Fatherland“ von 2008 wiederholt – auf Wunsch des Künstlers und Violinisten Jon Rose. Er begründet seine Wahl mit folgendem Text, der während des Hörens entstanden ist:

“Das Stück gefällt mir besonders gut. Obwohl die Aufnahmequalität recht grob ist und der Schnitt, nun ja, nennen wir es ‚frei‘, hat es viele bewundernswerte Aspekte. Es klingt nicht danach, als hätte er Stunden vor seinem Computer verbracht um einer riesigen Sound-Sammlung Herr zu werden. Er ist ein Mann der Tat! Der Geruch von Auspuffen strömt aus den Lautsprechern, wenn man zuhört. Man ringt in der Wolke aus Abgasen nach Luft – genauso wie er, wenn er eine Geschichte jagt, mehr als Journalist denn als Hörspielmacher, und das ist gut so.

Es ist eine Narrative, die sich selbst entwickelt, alles könnte passieren und er könnte jedweden Menschen antreffen, und so ist es auch. Es ist ein Live-Ereignis, zumindest fühlt es sich so an beim Anhören. Meist begegnet er Leuten, die angesichts seiner Frage, was Heimat ist, verwirrt sind. Was meinen Sie damit? Wir sind doch mitten drin, in der Heimat? Es könnte eine harmlose, lustige Reiseberichterstattung sein, aber irgendwie ist es das nicht. Es gibt einen Unterton, der nicht ins Bild passt. Die richtigen Menschen am falschen Ort? Aber das ist das Vaterland, es müssten doch die richtigen Menschen am richtigen Ort sein, oder? Rein in die Heimat oder raus aus der Hölle?

Das Stück wäre auf keinen Fall als Fremdenverkehrswerbung für Österreich tauglich – überall ist das Gedröhne der Autobahn zu hören, eine Geräuschkulisse, die man nur durch Schreien übertönen kann. Es ist in der ersten halben Stunde nichts auch nur annähernd Adrettes zu hören, ein Wasserfall etwa.

Deutsch ist nicht meine erste Sprache, daher kann ich den Dialogen nicht folgen, aber das macht nichts. Stattdessen höre ich den besonderen Singsang der österreichischen Sprache, die Gesten, die nonchalante Tageszeitdiskussion, die bedeutungslosen Füllwörter, die Stillen, die Missverständnisse, und die endlosen Wegbeschreibungen nach Weissgottwohin. Musik des Ortes. Das Vaterland beginnt in einer Flut von Maschinengeräuschen und setzt fort, als wären wir im ölsaufenden Texas, nur mit ein paar Bergen eingestreut.

Irgendwann gegen Ende hängt sich mein Computer auf und ich denke, hm, sollte ich jetzt alles noch einmal anhören, um das Ende mitzubekommen, oder sollte ich es einfach lassen, wie Radio, das eine einmalige Hörerfahrung ist, mit all den zufälligen Anfängen, Unterbrechungen und Enden. Es ist an, es ist aus, es spielt einen anderen Sender. Vielleicht missverstehe ich das ganze Stück ohnehin. Ich schreibe das hier in der gleichen Stimmung, und plötzlich höre ich auf.“



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