Sonntag, 21. Oktober 2012, 23:03 - 23:59, Ö1
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KUNSTRADIO - RADIOKUNST



Kunstradio Classics 2 – Aus dem Archiv 2012 - Teil 14:


“Radio Astronomy”

von radioqualia (Adam Hyde und Honor Harger)
bei Re-inventing Radio (2004)

selected by Roberto Paci Dalò


soundPLAY


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„Radio Astronomy“ ist eine online-Radiostation, die Klänge und Geräusche aus dem Weltall ausstrahlt, ein Langzeit-Projekt der neuseeländischen Gruppe r a d i o q u a l i a, bestehend aus Honor Harger und Adam Hyde. Im Kunstradio war ein Remix der Sounds aus dem All 2004 bei der Kunstradio-Veranstaltung „Re-inventing Radio“ im Rahmen der Langen Nacht der Radiokunst zu hören. Vorgeschlagen wurde „Radio Astronomy“ vom italienischen Künstler und Theatermacher Roberto Paci Dalò. Warum er sich für „Radio Astronomy“ der Gruppe radioqualia entschieden hat, erklärte Roberto Paci Dalò so:
 
„Radio Astronomy” ist ein hervorragendes Beispiel für die Praxis und die Theorie des Kunstradios. Es vereint drei Ebenen: eine Soundinstallation, eine Live-on-air-Radiosendung, eine Live-online-Radioübertragung. Das bekräftigt – einmal mehr – den Slogan „on air – on line – on site“, der im Zusammenhang mit dem Kunstradio entwickelt und von vielen Künstlerinnen und Künstlern aufgegriffen wurde. „Radio Astronomy“ befasst sich auf grundlegende Weise mit Naturwissenschaften, und der wissenschaftliche Zugang von r a d i o q u a l i a ist faszinierend und poetisch. Die Materialisierung des Sounds des Weltalls – das ist einfach eine wunderschöne Idee. Sie evoziert die Vorstellung, dass wir endlose Bilder, ob akustische oder visuelle, schaffen können. „Radio Astronomy“ macht Objekte aus unserer Galaxie greifbar. Wie die Künstler sagen: „Radio auf diese Weise zu denken bedeutet eine radikale Erweiterung des Konzepts und des Begriffs von Radio.“
 


Mit dem Begriff von Radio haben sich radioqualia auch in anderen Projekten beschäftigt, wie etwa in Free Radio Linux 2002. Den Code des alternativen Betriebssystems Linux machten radioqualia hörbar, indem die Textzeilen mittels einer eigens entwickelten Software von einer automatisierten Computerstimme vorgelesen wurden. Insgesamt 594 Tage dauerte die akustische Übertragung der 4,2 Millionen Zeilen des Codes.
Der Schwerpunkt der Arbeit von radioqualia liegt – laut Eigendefinition auf "der Erforschung von Sound und Medien im Kontext philosophischer Spekulation". Immer wieder spielt dabei auch die Verknüpfung des on-line und des on-air Bereiches eine wesentliche Rolle. Das – nicht abgeschlossene – Projekt „Frequency clock“ etwa sollte eine web-gesteuerte Synchronisierung von Radio mittels Webstreams ermöglichen.
In einer von ihnen kuratierten Kunstradio-Reihe stellten Honor Hager und Adam Hyde 2002 Radioarbeiten von neuseeländischen KünstlerInnen vor. „ISOL“ hieß diese „curated by“-Reihe, wie „Isolation“. Ausgangspunkt war die geographisch isolierte Lage von Neuseeland, das mehrere hunderte Kilometer von anderen Landmassen liegt. Die Isolation, so r a d i o q u a l i a, habe sich in die Topographie des Landes eingeschrieben und einen eigenen Biorhythmus geprägt.
 
Einen Teil der curated-by-Reihe „ISOL“ gestalteten Honor Harger und Adam Hyde selbst, und zwar mit dem Hörstück „Radio Astronomy“, für das sie mit Hilfe von radioastronomischer Technologie angefertigte Feldaufnahmen von nahen galaktischen Quellen verwendeten. In Irbene, einem abgelegenen Ort in Litauen, wurde unter den Sowjets ein Radioteleskop mit 32 Metern Durchmesser errichtet. Nach 20jähriger geheimer Existenz wurde es 1994 von der Russischen Armee an die Bevölkerung Litauens übergeben und in der Folge als eine der weltweit zehn besten Radioantennen ihrer Art etabliert. Es ermöglicht das Einfangen nicht nur regionaler akustischer Eigenschaften, sondern auch von Strahlungen naher galaktischer Objekte wie Venus, Jupiter oder der Sonne durch ein in der Schüssel montiertes Mikrophon. Obwohl deren Frequenzen an sich nicht hörbar sind, können sie durch spezielle verlangsamende Empfänger in den hörbaren Bereich herunter-"getuned" werden, sodass Aufnahmen der akustischen Beobachtungen möglich werden. So untersucht "radio.astroNomy", die Soundarbeit von radioqualia, inwiefern menschengemachte Technologie wie das Radioteleskop dazu beitragen, das Gefühl der Isoliertheit im Sonnensystem zu überwinden: Indem wir die individuellen Höreigenschaften galaktischer Objekte erkennen und mit ihnen arbeiten, erhalten wir das Gefühl, uns über die Grenzen unserer unmittelbaren Umgebung hinaus begeben zu können.
 
Die Beschäftigung mit der Übertragung von Klängen aus dem All setzten Honor Harger und Adam Hyde fort. „Radio Astronomy“ setzte den traditionellen Begriff des Radiosenders, nämlich die Übertragung hörbarer Informationen, in Bezug zur Radioastronomie, also der Beobachtung and Analyse von durch Sterne und Planeten ausgestrahlte Signale. Diese wurden in Audiosignale konvertiert und dann online und on air gesendet.
Wir spielen nun eine on air-on line-on-site-Darbietung von „Radio Astronomy“, die 2004 im Rahmen des Kunstradio-Projekts „Re-inventing Radio“ in Linz stattfand, als einer der Programmpunkte der Langen Nacht der Radiokunst.
 
r a d i o q u a l i a wurde 1998 von Honor Harger und Adam Hyde gegründet. Mittlerweile gehen die beiden getrennte Wege. Harger war unter anderem Kuratorin des AV-Festivals in England und der transmediale in Berlin, seit 2010 ist sie künstlerische Leiterin des Lighthouse in Brighton. Und Adam Hyde ist Open-Source-Aktivist. Er hat die Plattform FLOSS Manuals gegründet und erkundet Möglichkeiten der kollaborativen Buchproduktion.
 
Link: http://www.radio-astronomy.net/



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