Sonntag, 19. Mai 2013, 23:03 - 23:59, Ö1
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KUNSTRADIO - RADIOKUNST





New works for radio by Arsenije Jovanovic


1) ”The Souvenirs from Marchés aux Puces”

soundPLAY


2) “Tunnels inside of a tunnel”

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A COPY OF THIS PROGRAM CAN BE ORDERED FROM THE "ORF TONBANDDIENST"
Das Kunstradio präsentiert zwei neue Radioarbeiten des Künstlers, Komponisten und Theatermachers Arsenije Jovanovic, der aus Belgrad stammt und auch im kroatischen Rovinj einen Wohnsitz hat. Beide Arbeiten gehen von einer spezifischen Situation aus, im einen Stück eine räumliche, im anderen eine materielle, um tieferliegende Fragen zu behandeln.
 
Statement des Künstlers:
 
1) ”The Souvenirs from Marchés aux Puces” von Arsenije Jovanovic


 
Wie traditionelle Musikinstrumente wurden in der Radiokomposition “The Souvenirs from Marchés aux Puces” folgende Objekte verwendet:
 
- einige große, leere Ölfässer, die auf einem innerstädtischen Müllplatz in Belgrad unter offenem Himmel gelagert wurden
 
- zerbrochene Metallobjekte vom gleichen Ort, vor allem aus hochqualitativem Eisen, in unterschiedlichen Formen und Größen; Werkzeuge für die Bearbeitung und das Formen von Metall; Röhren unterschiedlicher Größen und Längen; Eisenstäbe und –seile; Teile verschiedener Maschinen und Instrumente, auch chirurgische – was auch immer einen guten Klang erzeugt
 
- Flaschen unterschiedlicher Größen als Windspiele
 
- Glas- und Metallplatten unterschiedlicher Dicken; gläserne Murmeln und Kugeln
 
- ein Vogel, die Taube, gefangenen in einer Höhle, wo das akustische Material aufgenommen wurde 
 
- Die Metallobjekte wurden mit Gummibändern abgehängt, die zwischen den Stalaktiten der Höhle befestigt waren, sodass sie frei im Raum hingen und keine unerwünschten Klänge erzeugten
 
- einige in Ölfässer gehängte Mikrophone
 
 
Was ich mit dieser Komposition beabsichtigte?
 
Vor allem wollte ich die unsichtbare Bedeutung und die Wertigkeit dieser entsorgten Objekte erkunden, deren Verwendungszweck einst gar nichts mit Kunst oder Musik zu tun hatte.
 
Ich wollte darauf hinweisen, dass viele Dinge und technischen Spielereien in unserem Umfeld, ob in Gebrauch oder entsorgt, einen anderen Wert und Qualität in sich haben, als ihnen ursprünglich zugeschrieben wurde. Viele Roma und Sinti in osteuropäischen Ländern verwenden diese Überbleibsel, die sie von städtischen Müllplätzen holen, zur Errichtung ihrer Unterkünfte. Ich, unterdessen, wollte damit Musik machen.
 
Wenn wir diese Objekte als Musikinstrumente behandeln, nicht als weggeworfene, nutzlose Dinge, dann können sie zu Musikinstrumenten werden, zu Flöten, Trommeln, Pianos und ähnlichem.
 
Diese Denkweise könnte auch in anderen Bereichen angewandt werden, nicht alleine auf die materielle und anorganische Welt, und auch nicht ausschließlich in der Sphäre der Kunst und Musik.
 
Die Anwesenheit eines Vogels, um die Metapher zu vereinfachen, verstärkt die offenkundige Distanz zwischen der Welt des Lebendigen und zwischen den leblosen Objekten. Der Vogel hilft auch, die akustische Perspektive dieser Komposition aufzubauen.
 
 
2) “Tunnels inside of a tunnel” von Arsenije Jovanovic


 
Die Idee zu dem Stück entstand in einem Tunnel in Dubovice auf der dalmatinischen Insel Hvar, wo ich mich 2012 für ein paar Tage aufhielt, um das Prix Marulic Festival zu besuchen. Es war damals nicht meine Absicht, ein Hörstück mit den aufgenommenen Tunnelsounds zu machen, aber ich konnte dem Material nicht widerstehen.
 
Überraschenderweise findet man an beiden Enden des Tunnels, obwohl sie nicht weit voneinander entfernt sind, ganz unterschiedliche Landschaften mit bemerkenswerter Flora. Das muss man jetzt nicht für ein Wunder halten, es ist einfach so.
 
An unterirdischen Orten, zuweilen hunderte Meter tief, fasziniert mich die Stille, die nicht mit der Stille irgendeines Aufnahmestudios vergleichbar ist. Letztere klingt im Vergleich eher wie die Nachahmung von Stille. Die Sounds im Dubovica-Tunnel riefen Erinnerungen an Erfahrungen ins Gedächtnis, die ich Höhlen machte. Höhlen verwendete ich oft als mein „Studio“, etwa für die Arbeiten "Resava Cave" (ausgezeichnet mit dem Prix Italia 1977 und dem Premio Ondas Preis 1978), "Invasions", "Caves of my Ancestors", "Under water cave" und andere. Es wäre nicht weit hergeholt, mich als Minenarbeiter zu bezeichnen, der Sounds an Tag holt. Eine fröhliche Höhlen-Sucht.
 
Normalerweise haben Höhlen einen Eingang, was manchen zum Verhängnis wird, denkt man an Geschichten aus der Mythologie. Ich interessiere mich für Tunnels nicht wegen ihrer Funktion, sondern ich sehe sie als Höhlen besonderer Art, als Höhlen mit einem Eingang und einem Ausgang. Sie enthalten das Mysterium geheimer Passagen, wie sie als Motiv in unzähligen Legenden und Märchen vieler Länder vorkommen. (…) Der Tunnel auf der Insel Hvar ist nichts besonderes, er ist relativ kurz, jung, in gutem Zustand, bis auf den von Wartungsarbeitern verwendeten Gehweg. Auf den gebrochenen Betonplatten zu gehen, klang wie ein Schlaginstrument unter meinen Schritten.
 
(Arsenije Jovanovic, 2013)

Video:
"Suburbun gardens" von Arsenije Jovanovic
(entstanden zwischen 1968 und 1970)


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