Sonntag, 13. Juli 2014, 23:03 - 23:59, Ö1
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KUNSTRADIO - RADIOKUNST




Arbeiten von Emmanuel Madan


1) “Zwischenlaute: Duell” (2014)

2) „Freedom Highway” (2001-2004, stereo)

3) “27’27’’” (2007)

tw. in 5.1 Dolby Digital


soundPLAY


1) “Zwischenlaute: Duell” (2014)

Dauer: 13'49" (5.1 Surround sound)
 


Menschliches Sprechen und vor allem jene Bereiche des Sprechens, die nicht zur verbalen Kommunikation gehören, sind ein künstlerisches Forschungsgebiet des Kanadiers Emmanuel Madan. Wenn wir frei sprechen, egal wer oder in welcher Sprache, verwenden wir machen wir zahlreiche Geräusche und Laute, die keine semiotische Bedeutung haben, die also nicht auf eine gemeinsame Begrifflichkeit verweisen. Es sind dies sinnlose Füllwörter, aber auch stotternde Laute, Ähs und Ähms, die uns Zeit verschaffen, uns auf die folgenden Worte und Sätze vorzubereiten. Diese bedeutungslosen Laute werden in der Tonaufzeichnung, und so auch im Radio, meistens eliminiert und aus der Originalaufnahme rausgeschnitten. „Zwischenlaute“, wie der Künstler Emmanuel Madan sie nennt, sind Gegenstand eines umfassenden Kunstprojekts, zum dem er nun auch noch ein Hörstück für das Ö1 Kunstradio zugefügt hat.
 
Emmanuel Madan ist Komponist und Soundkünstler, er hat eine Reihe von elektroakustischen Audiokassetten geschaffen, und er hat Radioprojekte und Ausstellungen umgesetzt und kuratiert. Auch als Tonmeister, Producer und Journalist bei einem freien Radio in Montreal hat Madan gearbeitet, und in dieser Zeit begann er über die sogenannten Zwischenlaute nachzudenken – als Tontechniker war seine Aufgabe allerdings, diese aus den Aufnahmen zu entfernen.
 
Fokussiert man auf die Zwischenlaute, die im Radio rausgeschnitten und in der gesprochenen Alltagssprache überhört werden, so entwickelt man eine Parallel-Sprache und lernt diese zu verstehen, meint Emmanuel Madan. Denn er ist überzeugt, dass Laute wie Ähm, Äh oder ah nicht unnötig sind, keine Parasiten im Wortfluss, sondern dass sie zum Prozess der menschlichen Kommunikation dazu gehören und beitragen. Dass diese Laute als störend empfunden werden, hat mit der technischen Neuerung der Tonaufzeichnung zu tun und insbesondere mit der Verbreitung von Radio, wie Emmanuel Madan bei seiner Recherche über Rhetorik und die Geschichte der Ansprache herausgefunden hat.
 
Für sein mehrteiliges Projekt Zwischenlaute isoliert er diese Laute, die keine Bedeutung tragen und als undefinierte Geräusche wahrgenommen werden. Wenn diese Laute nicht mehr ignoriert, sondern zum Inhalt des Gehörten gemacht werden, gilt es, eine neue Sprache zu lernen, meint der kanadische Künstler – auf einmal bekommen sie eine Bedeutung zugeschrieben.
 
Konkret hat Madan sich mit verschiedenen Formen des politischen Theaters beschäftigt, also etwa mit Ansprachen, mit Pressekonferenzen oder mit Wahlkampf-TV-Duellen. Ein solches, nämlich die Konfrontation zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück zur deutschen Bundestagswahl 2013, hat Madan für sein Kunstradio-Stück zerpflückt und zu einer neuen Komposition arrangiert. Am 1. September 2013 haben über 17 Millionen Menschen das Duell auf fünf Fernsehsendern live verfolgt.
 
 

2) „Freedom Highway” (2001-2004, stereo)


Dauer: 24'36"
Link: http://www.freedomhighway.org


 
Freedom Highway hat Emmanuel Madan seit 2004 als Performance, als Galerieinstallation und als Radiostück in den USA, in Kanada und in Europa präsentiert. Das Projekt handelt von Massenmedien und dem öffentlichen Diskurs in Amerika im weiteren Sinn – entstanden sind die Aufnahmen dazu in der Zeit nach 9/11 und vor dem Beginn des Irak-Kriegs. Emmanuel Madan hat in dieser Zeit zahlreiche Roadtrips durch die USA gemacht, und dabei im Autoradio Sendungen des Formats Talk Radio angehört und aufgenommen.
Diese Radiosendungen werden dominiert von den nationalistischen und religiösen Meinungen der Ultrakonservativen und Rechten – unter George W. Bush wurden damit ideologische Standpunkte gerechtfertigt und mehrheitsfähig gemacht.
Das Stück “FREEDOM HIGHWAY” hat Emmanuel Madan als inneren Monolg gestaltet: was Amerika zu sich selbst sagt, wenn vermeintlich niemand zuhört – ein Audioselbstportraits eines Landes im Ausnahmezustand.
 

3) “27’27’’” (2007)

Duration: 27’27” (5.1 Surround sound)


 
„27‘27‘‘“ von 2007 ist die erste Arbeit eines langfristigen Projekts mit dem Titel H, also H. Dieses Projekt befasst sich mit dem Zusammenspiel von elektromagnetischen Felder, Sound, Raum und Körpern in Bewegung. Dabei geht es nicht um die physikalische Darstellung der naturwissenschaftlichen Eigenschaften von Elektromagnetismus, sondern um die Erkenntnis, das unsere Handlungen immer Konsequenzen nach sich ziehen. Jede Geste und auch allein unsere Anwesenheit beeinflusst die elektromagnetischen Felder.
Das Stück “27'27''” besteht aus Sounds, die entstehen wenn ein Mensch ein Audiokabel anfasst, das an einen Verstärker angesteckt ist, während das andere Ende lose ist. Der Körper wird dabei zu einer Antenne, die elektromagnetische Energie aufnimmt und in Geräusche übersetzt – ein ebenso faszinierendes wie alltägliches Phänomen. Eine Bandbreite an Sounds können durch verschiedene Bewegungen und Druckstärken erzeugt werden, und sie verändern sich wenn etwa die Berührungsfläche mit dem Boden verändert wird und Körperkontakt mit einem weiteren Menschen eingeführt wird.
Eine weitere Arbeit ist derzeit als Installation und Komposition in der Ausstellung Connecting Sound Etc. Cable Works, Cable Sounds, Cables Everywhere enthalten. Kuratiert von Georg Weckwerth ist diese Ausstellung noch bis 24. August 2014 im Freiraum des MuseumsQuartiers in Wien zu sehen.


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