Sonntag, 14. September 2014, 23:03 - 23:59, Ö1

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KUNSTRADIO - RADIOKUNST






"Die Battistini-Methode"

von Norbert Math


soundPLAY

 

Das Institut für Medienarchäologie hat in den letzten acht Jahren seines Bestehens ein umfangreiches Bild-, Ton- und Textarchiv angesammelt. Künstlerinnen wurden im Rahmen der IMAnarchiv Residency eingeladen, sich in dieses Gedächtnis einzuschreiben und mit ihrem eigenen oder anderen Gedächtnissen in Beziehung zu setzen.

In den Jahren 2008-2009 fand die Ausstellung "Zauberhafte Klangmaschinen" am IMA Institut für Merienarchäologie in Hainburg statt, wo eine Vielzahl von Erfindungen der elektronischen Klangerzeugung, Speicherung und Wiedergabe besucht und auch gespielt werden konnten. Die Ausstellung, sowie Konzerte, Klangaufnahmen und Publikationen bilden den Inhalt eines Archiv (welches teilweise unter http://klangmaschinen.ima.or.at/db/ online veröffentlicht ist), das wiederum den Augangspunkt von Nobert Maths künstlerischer Auseinandersetzung bildet.

Am 13. Dezember 1900 führt der britische Physiker William Duddell vor der Londoner Institution of Electrical Engineers ein Instrument vor, das mit Licht musiziert: Der "Musical Arc", erzeugt einen elektrischen Lichtbogen, der durch eine spezielle Schaltung gestimmt wird, und damit Melodien spielen kann. Der singende Lichtbogen erzeugt auch eine Fernwirkung, es stellt sich heraus, dass Kohlenbogenlampen in der Umgebung die gespielte Melodie mit brummen. Zwei Jahre nach der Vorführung des Musical Arcs gelang es Valdemar Poulsen, dessen grundlegende Schaltung hochfrequente Schwingungen zu übertragen und er realisierte damit einen ersten effizienten Radiosender.

Es gab also einen kurzen Punkt des Überganges vom Musikinstrument zu Radio - einen Punkt wo das eine in das andere übergeht. Es beginnt "Eine neue Epoche der Musik durch Radio" (Jörg Mager).



Mit seiner Untersuchung geht Math in eine Zeit zurück, als die Termini für das Neue noch unscharf waren - als es noch keine klare Trennung von Begriffen wie "Radio", "Telephon" und "Elektronik" gab - diese Begriffe noch viel mehr Projektsionsflächen darstellten, unscharfe Visionen der Zukunft, der Möglichkeiten und Wünsche. Was daraus geworden ist, das wissen wir und darin leben wir. Aber es ist vielleicht reizvoll, den Schritt zurück zu gehen und sich - wenn auch spielerisch - in den Punkt zurück zu versetzen als noch alles möglich und noch nichts entschieden war.

So sehr sich die angeführten Utopien auf die Zukunft projizieren, so sehr fußen sie auf der Vergangenheit. Es sind die Photografien der Stimmen der der Vergangenheit, die gleichsam auf einem "Gespensterklavier" uns übertragen werden.

"Man könnte auf diese Weise heute Battistini zwingen, auch eine nach seinem Tode komponierte Melodie vorzutragen, indem man einen einzigen Ton einer Battistini-Platte für das Instrument photographiert und auf die Scheiben aufzeichnet" *).

Der Lichtbogen des Radios/der elektrische Musikmaschine überbrückt die Zeitdimension und ermächtigt sich der Stimmen der Toten.

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*) Das Spielmannsche Lichtklavier, in: Radiowelt 1929, Heft 3, S.73. Zitiert
nach: Peter Donhauser, Elektrische Klangmaschinen, Die Pionierzeit in
Deutschland und Österreich. Boehlau Wien 2007, S.60.

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