Sonntag, 11. Juni 2023, 22:05 - 23:00, Ö1

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RADIOKUNST - KUNSTRADIO






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BangaloreKehren – Wege und Orte

von katrinem




Die in Berlin lebende Künstlerin katrinem hat im Jänner 2023 auf Einladung des Goethe Instituts Bangalore und des Srishti Institute of Art, Design and Technology die indische Mega-City Bangalore besucht und sie erkundet – und zwar mit einem Besen. Für die künstlerisch-akustische Stadtforschung diente der Besen als Musikinstrument, aber auch zum sinnbildlichen „Aufräumen der Eindrücke“, und schließlich kam katrinem über das Kehren auch in Kontakt mit Menschen – so hat sie ihren Reisigbesen, der nicht im Geschäft zu kaufen ist, sondern selbstgebastelt ist, von einer Straßenkehrerin geschenkt bekommen, die zufällig zwei hatte, hat katrinem berichtet, und: „Die Stiele bleiben immer dieselben und sind ganz individuell verziert (wie man an meinem sieht), der Kehrteil, das Bambusreisig, wird öfters ausgetauscht. Es wird auf eine spezielle Art gedreht und mit einer Schnur am Stil festgebunden. Das hält erstaunlich gut! Mein Besen ist mit mir nach Berlin zurückgeflogen“, so katrinem, und dort, in den Straßen Berlins, wird der Besen nun auch eingesetzt werden.

Aus dem in den fünf Wochen ihres Aufenthaltes aufgenommenen Audiomaterial speist sich das Kunstradiostück „BangloreKehren“, das katrinem in zwei Teile gegliedert hat. Der erste Teil heißt „Walking my Bangalore broom through Malleswharam“ – hier begleiten wir katrinem wie sie mit ihrem Bambusreisig-Besen spielend durch ihr Wohnviertel in Bangalore spaziert. In der reichhaltigen Klangkulisse von Malleswharam ist der Besenklang ein wiederkehrendes und rhythmisierendes Motiv.

Der zweite Teil sind „Broom Songs“, in sich abgeschlossene Hörstücke, gemeinsam mit Sam Auinger. Die vielen Aufnahmen aus Bangalore haben katrinem und Auinger nach musikalischen Kriterien wie Rhythmus und Klangfarbe selektiert. Im fünfminütigen Stück „Quartett in the city with Broom, Shehnai, Cow and Dog“ treffen vier Stimmen aufeinander: ein Straßenmusiker mit seiner Shehnai, ein aufgeregter Hund, das Gebimmel einer umher spazierenden Kuh und der Besen. Scheinbar kommunizieren sie miteinander. Diese Klänge sind Teil des Klangbilds von Malleswharam und sind dort immer wieder anzutreffen.

Zu „Broom Meditations in Cubbon Park” schreibt katrinem: „Inmitten der Stadt liegt Cubbon Park. Es gibt dort auch eine U-bahn Station. Besen sind dort in den U-Bahnen verboten. Meine Anreise zum Park erfolgte so mit Rikschas, die nie verweigerten, mich mit meinem Besen zu transportieren. Der Park ist wie ein großer Klangraum ohne Verkehrsklang im Nahfeld. Dieser dominiert den Großen Raum und umschließt den Park wie eine Mauer.“

In Bangalore hat katrinem mit Studierenden des Srishti Institute of Art, Design &Technology gearbeitet, die dabei ihre eigenen Beseninstrumente gebaut haben, Ensembles gebildet und für konkrete Orte Stücke entwickelt haben. „Shristhi BroomBallet” sind die letzten zwei Minuten einer Besen-Ballett-Performance.

Vom verkehrsintensiven bewegten Raum handelt „Broom & the City”. Das Rauschen des Besens vermischt sich immer wieder bis zur Unkenntlichkeit mit dem Rauschen der motorisierten Stadt. Vorbeifahrende Motorräder liefern die tiefen Stimmen im Stück. Tier und Menschenstimmen sind nur vereinzelt klar hörbar. Der Raum ist klanglich bestimmt von den bewegten Klängen des Verkehrs.

“Sam’s Broom Memory from Benares“ ist ein Fundstück aus Sam Auingers Audio-Archiv: „Beim Arbeiten am und Durchhören von katrinems Aufnahmen aus Bangalore erinnerte ich mich an eine meiner 1996 in Benares gemachten Aufnahme, bei der das Kehrgeräusch eines Besens eine musikalische Rolle einnimmt, im Zusammenspiel aller hörbaren Stimmen und Geräusche.“