"Ich bin heute der Überzeugung, daß uns der Forschritt insgesamt
mehr schadet, als daß er uns in bessere Zeiten führen würde." In
diesem Satz von Stanislaw Lem, dem Science-fiction-Autor,
offenbart sich eine besondere Art von Skepsis: Die technologische
Entwicklung der letzten (ca. 10-15) Jahre bringt den Zustand
hervor, daß der Mensch in seinem Lebensraum aus allen Richtungen
mit Informationsfluten attackiert wird. Die Gestaltung der
Kommunikation richtet sich nicht nach dem Wesentlichen und
Unwesentlichen, schon gar nicht nach der Authentizität, sondern
nach der medialen Attraktion. Eine der großen Belastungen des
modernen Menschen ist, daß ein vernünftiger Umgang mit dieser
unvorstellbaren Informationsflut nicht mehr funktioniert. Der
Mensch mit seiner biologischen Aufnahmefähigkeit ist der selbe
wie vor tausenden Jahren. So hat dieses Übermaß an Informationen
die Aphasie, den Verlust der Sprache als Folge. Die vielen
Sinnketten, die an sich eine Sprache ausmachen, erscheinen
nunmehr als wesenlose Träger einer allgegenwärtigen und
pausenlosen Informationsdichte. Ein Mensch, der seine Sprache zu
verlieren beginnt, scheint schrittweise ebenfalls die Verbindung
zum eigenen Wesen zu verlieren, denn er kann diese Verbindung
nicht mehr auf die sprachliche Ebene transformieren. Das Hörwerk "aphasie - jenseits des hörbaren" von Ercüment Aytac schildert einen Tag, der im Zeichen dieses Verlustes steht. Es wird immer wieder versucht, die Informationsflut zu überwinden, um sich selbst (mit allen dazugehörigen Erscheinungen wie Körper, Kultur usw.) wahrzunehmen, doch diese zeitgemäße Herausforderung läßt kaum Chancen für einen Erfolg. Die Internet-Ausstellung "aphasie - jenseits des gesichtes" basiert auf der Beziehung zwischen Bild und Schrift. Die Schrift, die Kodierung der menschlichen Verständigung, bleibt verschlossen. |