13 DIAPOSITIVE (EMILY)

von Marlene Streeruwitz


1. Diapositiv.

Emily Tekct sitzt auf einem Geländer. Sie hält sich an einer Metallsäule fest. Das Geländer und die Säule sind grün gestrichen. Salzkammergutgrün. Emily hat die Füße an den Knöcheln gekreuzt. Bei dem Geländer könnte es sich um ein Balkongeländer handeln. Oder um einen überdachten Hauseingang. Im Hintergrund Bäume. Emily trägt ein dunkles Kleid mit kurzen Ärmeln. Weiße Söckchen. Sie mag 14 Jahre alt sein. Oder jünger. Emily lächelt. Sicher. Beruhigend. Irgendwie.

1. Fußnote.

Seit dem Telegramm spielt Raum für Information keine Rolle mehr. Information existiert nur noch in der Zeit. Bedarf nur noch der Zeit.

2. Fußnote.

Seit dem Telegramm spielt Raum für Geld keine Rolle mehr. Geld existiert nur noch in der Zeit. Bedarf nur der Zeit, um in Zins und Zinseszins zu wachsen.





2. Diapositiv.

Emily Tekct sitzt auf einer Bank. Einer Parkbank. Sie hat die Arme ausgebreitet. Sie trägt einen dunklen Mantel und schwarze Stiefel. Ein Schäferhund sitzt rechts vor der Bank. Er sieht aufmerksam nach vorne. Hinter Emily Sträucher. Bäume. Sie sind kahl. Die Sonne scheint. Im blauen Himmel ein paar Wölkchen.

3. Fußnote.

Information kann sich nicht wie Geld in der Zeitdimension vermehren. Das Geld bleibt überlegen.

4. Fußnote.

Ist das, was gerade ist und deshalb gerade vergeht, schon vergangen ist, auch vergänglich?





3. Diapositiv.

4 Personen stehen vor einem Gipfelkreuz. Das Gipfelkreuz ist fast ganz zu sehen. Der Himmel ist grau. Bedeckt. Die Personen drängen sich aneinander. Der Wind bläst von links. Zerrt an der Kleidung der Personen. Emily ist nicht auf dem Bild zu sehen. Sie hat das Bild von Studienkollegen auf dem Gipfel aufgenommen.

5. Fußnote.

Ist die Unmittelbarkeit eines Eben Gerade Seins in der Lage vergänglich zu werden? Oder. Verbleibt Unmittelbarkeit im unerinnerlich Vergangenen und damit Speichermaterial nach den jeweils herrschenden Regeln des Unbewußten.





4. Diapositiv.

Ein Tisch in einem Lokal. Emily sitzt zwischen einer Frau und einem Mann. Alle drei halten Weingläser hoch. Sie lachen. Emily hat eine Courege Frisur. An der Wand hinter den drei Personen hängen eine Mistgabel und ein Holzrechen. Gekreuzt.

6. Fußnote.

Ist ein entborgenes Jetzt Illustration von Kommunikation oder die Beschreibung der endgültigen Kommunikationsunmöglichkeit durch eben diese Illustration. Heißt das, wenn ich mir Weltraumtöne einspielen lassen wollte, oder die eben laufenden Verkehrsnachrichten, oder die aktuellen Börsenkurse, oder eine Internetdiskussion führe, daß Kommunikation dargestellt wird. Vorgeführt. Oder. Daß ich mit einer opernhaften oder idyllischen Geste über die Unmittelbarkeit des Jetzt die Unmöglichkeit der Kommunikation beschreibe. Also in die nationalistische Tragödie der fatalen Kollision patriarchal definierter Bedeutungseinheiten zurückfalle?





5. Diapositiv.

Ein Hochzeitsfoto. Emily sitzt in einem schwarzen Kostüm vor einem dunkelgrünen Samtvorhang. Sie trägt ein Sträußchen gelber Rosen. Sie schaut zu einem Mann hinauf. Der Mann steht. Er beugt sich ihr zu. Sie lächeln einander an.

7. Fußnote.

Wenn Information immer und überall existiert, dann wird das Immer und überall des Einen Gottes nachgestellt. Des Einen Gottes, der alles weiß und alles sieht. Von uns. Und für uns. Wie weit ist unsere Entkolonialisierung und die Entkolonialisierung der Information gediehen, um einen nicht hierarchischen und damit erst neuen Gebrauch der Informations/Zeit Tangente zu ermöglichen?





6. Diapositiv.

Emily sitzt unter einem orangeroten Sonnenschirm. Sie sitzt in einem Liegestuhl auf einem flachen Sandstrand. Ihr Oberkörper ist im Schatten. Ihre Beine glänzen braungebrannt in der Sonne. Sie trägt einen schwarzen Badeanzug. Emily hält ihre Sonnenbrille in der Hand. In der anderen hält sie ein Buch. Sie lächelt. Im Hintergrund weitere Sonnenschirme und Liegestühle.

8. Fußnote.

Wie werden die Zugangsregelungen der Information und zur Information durch das Geld geregelt, das ja eine symbiotische Existenz mit der Information führt?





7. Diapositiv.

Emily sitzt auf einem Kamel. Sie trägt eine weiße Hose, eine weiße Bluse und ein weißes Kopftuch nach hinten gebunden. Sie hält sich an dem Knopf vorne am Kamelsattel fest. Sie lächelt. Vorsichtig. Hinter dem Kamel Wüstenlandschaft. Ein Mann im weißen Burnus hält das Kamel vorne am Maul. .

9. Fußnote.

Wenn Kunst seit der Renaissance das Besondere geborgen aus dem religiös bestimmten Allgemeinen war, so muß Kunst im nicht mehr religiös bestimmten Allgemeinen sich in einem dadurch allgemeinen Besonderen auflösen. Alles kann Kunst werden. Nur. Ist das Allgemeine nicht mehr religiös bestimmt? Ist die Säkularisierung gelungen, die die Voraussetzung für diese Auflösung der Kunst sein muß? Oder. Bekommt Kunst als geborgenes Besonders die Funktion von Widerstand, in dem auf die nicht gelungene Säkularisierung verwiesen werden muß?





8. Diapositiv.

Emily steht mit zwei Männern auf einer Wiese. Im Hintergrund der Stiegenaufgang zu einer Villa. Alle drei halten Champagnergläser in der Hand. Alle drei sehen zufrieden aus. Emily trägt ein grünes Kostüm mit grünen Pumps. Sie hat wieder lange Haare.

10. Fußnote.

Widerstand muß sich 4 dimensional konstituieren. Heißt das, daß in einer Umgebung, die sich des Raums begeben hat, Widerstand nicht mehr existiert. Nicht mehr möglich ist. Nicht mehr nötig ist? Müssen wir keine Angst mehr haben?





9. Diapositiv.

Hochzeitsfoto. Emily trägt ein cremefarbenes Kostüm. Sie hält einen Strauß Orchideen. Sie steht neben dem Mann. Sie lehnen sich gegeneinander und sehen in die Kamera. Amüsiert. Erstaunt. Im Hintergrund ein heller Lichtschein.

11. Fußnote.

Bedeutet die Transformation des Kriegs zum zweidimensionalen
Videospiel mit Perspektivetäuschung, daß uns nichts mehr geschehen kann?





10. Diapositiv.

Das Baby liegt auf einer blauen Decke. Es schläft. Das Baby liegt auf dem Bauch. Den Kopf zur Seite gedreht. Es hat die Arme ausgestreckt. Die kleinen Hände liegen neben dem Kopf. Sie sind zu Fäusten geballt.

12. Fußnote.

Der Tod findet im Raum statt. Ist die Wendung aus der Zeit in den Raum durch Beendigung der Zeit. Heißt das, daß alles auf Zeit reduziert, nicht sterben muß? Daß wir keine Schmerzen mehr haben. Haben müssen. Nicht mehr sterben. Nicht mehr sterben müssen?





11. Diapositiv.

Emily steht in einem Gartentor. Sie trägt ein weißes Kleid. Eine Grace Kelly Tasche über dem angewinkelten linken Arm. Der rechte Arm hängt hinunter. Das grüne Gartentor steht nach rechts vorne offen. Emily schaut in die Kamera. Sie hat die Beine aneinandergepreßt.





12. Diapositiv.

Emily sitzt in einem Park. Palmen. Sie ist von der Seite aufgenommen. Sie trägt ein gemustertes Seidenkleid. Dunkle Sandalen. Sie ist sehr schlank. Sie sieht vor sich hin.





13. Diapositiv.

Emily steht mit einem alten Mann und einer alten Frau vor dem Eingang zur Kirche des Klosters Heiligenkreuz. Die gotische Toreinrahmung hebt sich scharf ab. Die Sonne fällt von rechts ein. Die alten Leute haben beide weiße Haare. Sie tragen Kamelhaarmäntel. Emily ist ein wenig größer als sie. Sie steht rechts von den beiden. Die alte Frau lächelt. Der alte Mann schaut ernst. Emily trägt einen dunklen Mantel. Die Sonne scheint.

[TOP]