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[ english ]

INTRODUCTION

Neuseeland (Aotearoa) - ein Inselstaat im Südpazifik. Ein fernes Land, mehr als 1600 Kilometer südöstlich von Australien, seinem nächsten Nachbarn. Es umfasst zwei Hauptinseln - Nord- und Südinsel - und eine Reihe kleinerer Inseln, von denen einige hunderte von Kiolometern von der Hauptinselgruppe entfernt liegen. Aufgrund der vielen Häfen und Fjorde besitzt Neuseeland im Verhältnis zu seiner Fläche eine extrem lange Küstenlinie. Die isolierte Lage des Landes hat eine entscheidende Rolle für die Entwicklung des Landes gespielt.

Neuseelands Klima ist geprägt von seinem Breitengrad, seiner Isolation, und seinen physikalischen Eigenschaften. Aufgrund der weiten Ozeane, die es umgeben, spielen fremde klimatische Einflüsse keine Rolle.. Die andauernde Isolation der Insel hat zur Herausbildung von Arten geführt, die in der übrigen Welt unbekannt sind: Fast 90 Prozent der heimischen Pflanzen sind spezifisch.

Zitiert aus der Einleitung von "New Zealand", in: Encyclopædia Britannica, [November 19, 2001].


ISOLATION

Ein einsames Wort, wenn man es losgelöst und frei im Raum schwebend belässt. Ein verlorenes Boot, dessen Vertäung durchtrennt ist, ziellos in trägen Gewässern treibend.

Es ist ein Wort, das häufig in Bezug auf Neuseeland verwendet wird. Dessen anhaltende Isolation von der übrigen Welt hat ermöglicht, dass sich im Laufe der Zeit eine eigene Landesgeographie herausbilden konnte. Die Tatsache der Isolation hat sich in die Topografie des Landes eingeschrieben - in die langsam eingeschliffenen Gletscheraufstiege und den triumphierenden Bogen der Küste. Durch Ozeane abgeschnitten von anderen hunderte von Kilometern in alle Richtungen entfrenten Landmassen, blieb es Neuseeland überlassen, seinen eigenen Biorythmus auszuprägen, einen eigenen Sinn des Lebens zu definieren. Einen Quantensprung von einigen Millionen Jahren weiter, und sogar nach der europäischen Kolonisation vor 160 Jahren konnten die Maschinen der industriellen Revolution nicht die allgegenwärtige Abgeschiedenheit eines Lebens am Ende der Welt überwinden.

Isolation und Migration funktionieren symbiotisch. Geograpische Abgeschiedenheit bedeutete, dass eine Besiedelung mit langen Reisen verbunden war. Die Argonauten segelten erstmals vom Südpazifik aus und später von Europa, um nach Neuseeland zu gelangen. In den zwanziger Jahren begann das Radio, die Isolation weiter zu untergraben, indem es die Neuseeländer zunächst untereinander verband, dann mit ihren Nachbarn und schließlich mit der ganzen Welt. Doch selbst die Erfindung des Fliegens und moderne digitale Technologien tilgen die Bedeutung einfacher physischer Distanz nicht vollkommen. In einer bereisten Welt, durchzogen von Galsfaserstrukturen, Kupferkabeln und Radiowellen, verursacht Isolation kulturelle Verzögerung. Der große wässrige Raum zwischen Neuseeland und dem "Rest der Welt" scheint noch immer die Geschwindigkeit der Informationsrevolution zu bremsen. Isolation bewirkt eine Form von Informations-Verschleppung. Doch kann die Entfernung vom Super-Highway - obwohl oft auch als frustierend empfunden - druchaus Vorteile haben. Kulturelle Marotten und Moden haben weniger Auswirkungen in einem Land, indem sie mit 3-, 6-, oder gar 12-monatiger Verspätung eintreffen. Heimische Erscheinungen können durch fehlende Störung internationaler Einflüsse manchmal zum Ausbrüten gebracht werden und ortsbezogene Eigenarten entfalten. Folglich hat auch die neuseeländische Experimentalmusik und Sound-Art seit den achtziger Jahren ihre eigenen evolutionären Schrullen, die vollkommen landesspezifisch sind. In vergleichsweiser Isolation offenbart der neuseeländische experimentelle Sound spezifische Höradaptionen, eigene Klangqualitäten, einzigartige lautliche Mutationen und neue Interpretationen des allgegenwärtigen Themas der Isolation, der Entfernung und Abgeschiedenheit.

Im Lauf einer fünf Sendungen dauernden Reise untersucht "isol" Idiosynkrasien anitpodischen Sounds, und skizziert dabei die unermesslichen Räume, die Menschen und Orte trennen. "isol" misst die Topographie der speziell neusseländischen Isolation, und zeigt, dass sie süß oder traurig, chaotisch oder spärlich, euphorisch oder verzweifelt ist. Die Sendungen machen deutlich, dass Kommunikations-Medien wie das Radio Isolation behindern können, indem sie Orte und Menschen verknüpfen. Sie führen vor, wie Radio den Sinn und das Gefühl für Raum verändern und verstärken kann. "isol" dokumentiert kleine Reisen durch prosaische Orte sowie lange Wanderungen über Ozeane und durch die Zeit. "isol" erzählt Geschichten in fragmentarischen Gespächen zwischen Bordpiloten, im enigmatischen Rumpeln von Gebirgen am Meer, in entfernten binären Ausstrahlungen planetarischer Phänomene und in chaotischen AM Radio Breakbeats. Sie sind vollkommen örtlich begrenzt, an manchen Orten beinahe umgangssprachlich, an anderen dann wieder weit und universal. Die fünfteilige Reise erschafft eine Klangkarte von Neuseelands einzigartiger Form von Isolation.