Kunstradio Broadcasts / Jan 04 2004

[English Version]

Das Archiv der nichtexistierenden Sprachen, das Kunstradio zum Jahresbeginn 2004 präsentiert, ist ein kontinuierlich wachsendes Projekt der Künstlerin Eva Egermann, das deren Auseinandersetzung mit selbst entwickelten, für Außenstehende nicht dechiffrierbare (Fantasie-)Sprachen widerspiegelt. Die Archivierung der im Zuge der Recherchen aufgezeichneten Sprachen erfolgt in Form ihrer Nummerierung und Kategorisierung. Diese Methode der Definition bezeichnet höchstens die Form des "Vortrags" der Sprache, also Monolog, Dialog, Gesang u.ä., ist aber vollkommen wertfrei.

Die Situationen, in denen eine - nur für einen bestimmten Personenkreis verstehbare - Sprache neu erfunden bzw. durch Manipulation und Dekonstruktion bestehender Sprache entwickelt wird, sind vielfältig. Beispielsweise schaffen Kinder, insbesondere aber Zwillingspaare, eine ihnen eigene, exklusive Kindersprache, die ihnen eine bestimmte Privatheit gegenüber den Erwachsenen sichert.

Andererseits werden auch immer wieder sogenannte Geheimsprachen von Erwachsenen kreiert - eine Form der Kodierung von Sprache - nämlich dann, wenn sich diese Personen vor jemanden (etwa einem Unterdrücker, einem Feind, einem Vorgesetzten etc.) oder etwas (z.B. dem Gesetz) schützen wollen.

Sprache an sich, und umso mehr Geheim- oder selbstentwickelte Sprache, dient einerseits immer als Identifikationsmittel, zum anderen dient Sprache natürlich der Kommunikation. Hier kommen In- und Exklusionsverfahren und -erfahrungen zum Tragen.

Der spielerische Umgang mit bestehenden Sprachen, über deren Grundkenntnisse jemand beispielsweise nicht verfügt und deshalb gewissermaßen "erfindet" ist uns allen bekannt: Wer kennt nicht das kauderwelschartig vorgetragene abstrahierte Chinesisch, Norwegisch, Albanisch, Russisch ...? Was aber bewirken diese unverständlichen Mono- und Dialoge, manchmal singenderweise, dann wieder flüsternd vorgetragen bei dem oder der Zuhörer/in?

Der Künstlerin ist es auch bewusst, dass auch die Sprache der Kunst eine ist, die Ausschluß provoziert, die man / frau also erst mal lernen muss, um in einen Dialog eintreten zu können.

Dieses Archiv der, so gesehen, globalen Laute kann während und nach der Kunstradio-Sendung von ZuhörerInnen ergänzt und erweitert werden, indem sie auf einem Telefonband ihre Fantasie- und Geheimsprachen hinterlassen.