GERHARD WIESER
ZEITGLEICH - aus technischer Sicht



Die erste Konfrontation mit einem möglicherweise im alten Salzmagazin stattfindenden Projekt fand in der zweiten Jännerhälfte 1994 statt und Mitte Februar erfolgte eine erste Besichtigung des Objektes. Zu dieser Zeit wurde die Halle samt Nebenräumen noch als Lager für Textilfasern genützt und war vollgeräumt. Das akustische Verhalten konnte man daher nicht exakt feststellen. Nur an Hand der Größe der Räume und aus Erfahrungswerten war auf das wahre Klangver-halten zu schließen und ein Urteil abzugeben. Der nächste Schritt war die Beschaffung von Plan-unterlagen des gesamten vorgesehenen Ausstel-lungsraumes.

Nachdem die Ausstellung mit der Verpflichtung der einzelnen Künstler konkrete Formen annahm und die einzelnen Installationsbereiche geklärt waren, entwickelten die Künstler erste Konzepte. Jetzt mußte für jedes Projekt eine Machbarkeits-studie erstellt und der Materialaufwand ermittelt werden.

Anhand des theoretischen Materialbedarfs der einzelnen Projekte mußte die Möglichkeit der Beschaf-fung sondiert werden, Preisverhandlungen mit Erzeugerfirmen sowie mit Geräteverleihern durchgeführt und das eventuelle Sponsering durch einzelne Firmen geklärt werden. Letzten Endes gelang es, das gesamte notwendige Material zu finanzierbaren Konditionen und mit Hilfe von Sponsoren sicherzustellen. Die besonderen Schwierigkeiten waren dabei nicht nur, daß durch die Art der Projekte, die größtenteils Mehrkanalprojekte waren, eine große Anzahl von Lautsprechern und für jeden Lautsprecher ein eigener Verstärker notwendig war und letzten Endes 56 Lautsprecher installiert wurden, sondern auch die Zeitspanne von sechs Wochen, für die man sämtliche Geräte benötigte.

Das erste Konzept von BILL FONTANA, welches die Verwendung eines ACCELEROMETERs (registriert Bewegungen im Gestein) für die Wave Cannon vorsah, war vor allem aus technischen Gründen nicht verwirklichbar, bzw. es wurde von Fachleuten die Brauchbarkeit des umgesetzten Signals sehr in Zweifel gezogen. Es mußte der erste Kompromiß geschlossen werden. Auch die zweite Ebene - Live-Töne aus einem alten Solerohr aus dem Halltal - benötigte einen intensiven Lokalaugenschein. Der Übertragungsort mußte in Übereinstimmung mit der technischen Durchführbarkeit (Herstellungsmöglichkeit einer Übertragungsleitung, geschützter Aufstellungsort der technischen Geräte) ausgewählt werden. In der Halle waren spezielle Adaptierungsarbeiten notwendig. Anhand der Pläne und des Konzeptes wurde ein Materialbedarf von 8 Stück Full Range Lautsprechern (möglichst gleicher Bauart), der einzigen in Österreich verfügbaren Acoustic Wave Cannon von Bose, 1 Mischpult, 5 Verstärker-kanälen, 2 CD-Playern, 1 Mikrofon für das Halltal und insgesamt ca. 400 Ifm Verkabelung ermittelt.

Für das Projekt von ROS BANDT mußte die Entwicklung und der Bau einer Sensoranlage mit 7 Sensoren in Auftrag gegeben werden. Verschiedenste Adaptierungsarbeiten in der Halle wurden veranlaßt. Der Materialauf-wand belief sich schließlich auf 7 Bewegungs-sensoren incl. Steuerung für die Tondurch-schaltung, 9 gleichartige Full Range Laut-sprecher mit 8 Verstärkerkanälen und 8 CD-Playern. An Verkabelung ergab sich ein Bedarf von insgesamt ca. 750 Ifm verschiedener Kabel.

Für ROBERTO PACI DALÒ's Projekt ergab sich ein Materialbedarf von 8 Lautsprechern mit 8 Verstärkerkanälen, 1 Mischpult und ebenfalls eine 8-Spur Maschine mit Autorepeat. Außerdem noch ein Videorecorder mit Monitor und verschiedene Lichtquellen mit einer Lichtsteueranlage für Effekte. Verkabelungslängen ca. 350 Ifm.

Das Projekt von ANDRES BOSSHARD ergab einen Materialbedarf von 6 Full Range Lautsprechern mit 6 Verstärkerkanälen, 6 kleineren Lautsprechern mit 6 Verstärkerkanälen, 3 Zwei-Kanalverstärkern für die von Bosshard gebauten Plexiglas-Lautsprecher, 6 Time-Delays, 2 Mischpulten, einer 8-Spur Maschine mit Autorepeat (von den Möglichkeiten her am besten ein Alesis Adat) und einem Außenmikrofon. Verkabelungslängen ca. 600 Ifm verschiedener Kabel.

Die Anforderung von CONCHA JEREZ/JOSÉ IGES war mit einer Stereoanlage mit CD-Player, 1 Videorecorder mit Monitor und 7 gelben Alarmblinkleuchten eine der nicht sehr umfangreichen. Allerdings mußte für die Stromversorgung der 7 Leuchten der Bau eines geeigneten Netzgerätes in Auftrag gegeben werden.

Das Projekt von ROBERT ADRIAN X benötigte eine Zweikanal Full Range Beschallungsanlage, 1 CD-Player, 1 Mischpult und ca. 100 Ifm Verkabelung.

Für HELMUT MARK's Installation mußte 1 Videorecorder und 1 Videoprojektor vorgesehen werden.

JOHN BLAKE's Anforderung belief sich auf 2 Lautsprecher, 1 CD-Player und 2 Diaprojektoren inkl. Steuerung.
Schließlich SODOMKA/BREINDL/MATH's Materialbedarf: 4 Lautsprecher mit 2 Zwei-Kanalverstärkern, 2 CD-Playern, 1 Mischpult, 3 Diaprojektoren, 3 Drehbühnen und 130 Ifm Verkabelung.

Das WINKE WINKE Projekt von GERFRIED STOCKER/HORST HÖRTNER bedurfte einer besonderen Vorbereitung und Betreuung, da hier nicht nur der technische Aufwand mit Richtfunkstrecke, Datenübertragung etc., sondern auch Standort, Montage, Genehmigungen, Transport usw. zu klären und durchzuführen waren.

Bei mehreren Organisationsbesprechungen wurde für die Ausstellung eine Aufbauzeit von 10 Tagen geschätzt und daher der Beginn der Aufbauarbeiten mit 5. Juli festgesetzt.

Während des Symposiums Anfang Juni war nochmals Gelegen-heit, sich mit den einzelnen Projekten auseinanderzusetzen und mit den zum Großteil anwesenden Künstlern letzte Details an Ort und Stelle zu besprechen.

In der zweiten Junihälfte fand mit Ros Bandt in der Halle ein Probeaufbau und -betrieb statt. Dabei wurden endgültig die Positionen der Sensoren und Lautsprecher sowie eine Tongrund-abstimmung festgelegt.

Am 5. Juli erfolgte aus Wien die Anreise mit fast dem gesamten technischen Equipment. In hervorragender Teamarbeit (10 Personen) wurde Projekt für Projekt installiert.

Mit Bill Fontana, der bei der Eröffnung nicht anwesend sein konnte, wurden noch Einzelheiten bezüglich der Art des alten Holzsolerohres (3 standen zur Auswahl) und des Übertragungs-ortes im Halltal festgelegt.

Während des Aufbaues wurden 56 Lautsprecher installiert, 2500 m verschiedene Kabel verlegt, 200 Stecker verschiedener Art gelötet und die Verbindungen zwischen 8 Mischpulten, 15 CD-Playern, 3 Videorecordern, 2 Acht-Kanal Adat und 40 Verstärkern hergestellt. Dazu kam die Montage (im Fels) des WINKE WINKE am Gipfel des Patscherkofels inklusive der Herstellung der Richtfunkstrecke für Bild-, Ton- und Datenüber-tragung. Ein Mikrofon wurde wetterfest montiert und in die Installation von Andres Bosshard eingespeist.

Außerdem wurde noch ein Reportagesender aufgebaut, der rund um die Uhr die Live-Töne aus dem Halltal mit gelegent-lichen Spoteinspielungen übertrug.

Am Abend vor der Eröffnung wurde dann die künstlerisch-tech-nische Abstimmung zwischen den einzelnen Installationen durchgeführt. Die Aufgabe und vor allem Herausforderung war dabei, einerseits die einzelnen Projekte in ihrer Eigenständigkeit akustisch zu erhalten, andererseits so aufeinander abzustimmen, daß eine Harmonie innerhalb der gesamten Ausstellung entstand.

Ausgehend von der Installation von Bill Fontana (Beginn des Ausstellungsrundganges) wurde dies in Angriff genommen. Zuerst wurde die Lautstärke der tiefen Meerestöne, welche über die Wave Cannon gespielt wurden, eingestellt, dazu dann die Meeresgeräusche von den Decken-lautsprechern eingepegelt und das Klangbild mit den Live-Tönen aus dem Halltal (Wand-lautsprecher) abgestimmt.

Die bereits in sich eingestellte Installation von Ros Bandt wurde in ihrer Gesamtheit an die Bill Fontanas angepaßt.

In weiterer Folge mußte dann ein harmonischer Übergang sowohl zur Arbeit von Andres Bosshard und von dort zum Projekt von Concha Jerez/José Iges als auch zu Roberto Paci Dalò's NAPOLI hergestellt werden.

Die Installation von Robert Adrian wurde ebenso wie die Arbeiten von Sodomka/Breindl/Math, Helmut Mark und John Blake auf Ros Bandt's Klangbild abgestimmt.

Insgesamt ergab sich, wenn man Besuchern und Kritikern glauben darf, ein gelungenes akustisches Gesamtklangbild beim Gang durch die Ausstellung, die die gesamte Öffnungszeit ohne größere Probleme lief.

Vielleicht noch ein interessanter Vergleich: Der Aufbauzeit von 10 Tagen stand mit gleichem Personalaufwand eine Abbauzeit von 71/2 Stunden gegenüber.

Abschließend muß festgestellt werden, daß eine Ausstellung dieser Art, wie übrigens die meisten künstlerischen Projekte im elektronischen Raum, nur in enger, konstruktiver, kooperativer und harmonischer Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten (Künstler, Technik, Organisation) möglich wird. Herzlichen Dank an alle, die beim guten Gelingen der Ausstellung ZEITGLEICH mitgewirkt haben.


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