Die literarische Grundlage der Gute-Nacht-Geschichte, die Norbert Math in seinem "SCHLAF-RADIO" verarbeitet hat, entstammt dem manieristischen Roman "Hypnoerotomachina Polyphili".
Math betitelt die Geschichte, die einen Traum im Traum wiedergibt, "Die erotischen Schlafschlachten des Polypholos": sie erzählt den Traum, den die schlafende Hauptfigur im Traum träumt.Als "work in progress" ist das Hörstück aufzufassen, erklärt der Autor: im ersten Abschnitt verwendet er natürliche Klänge und Geräusche, sowie "gefälschte" Aufnahmen von elektronischer Musik aus den 60iger-Jahren, wobei er die Plattenaufnahmen so manipuliert, daß sie nicht mehr zusammenpassen. Die natürlichen Töne und die Aufnahmen sind gesampelt zu hören.
In den folgenden Abschnitten des "work in progress" wird die Geschichte erzählt, der Text auf eine Art und Weise präsentiert, daß er den Hörer als ein System von Botschaften erreicht. Die gesampelten Klänge können beim Hörer einen Wiedererkennungseffekt auslösen: hat er sie nicht schon einmal in einem anderen Zusammenhang gehört?
Die Klangästhetik des "SCHLAF-RADIOS" ergibt sich aus dem reduzierten Einsatz von Tönen und akustisch erfaßbaren Bewegungen. Das Stück beginnt mit Klangdichte und endet mit sparsam verwendeten Tönen.
Das "SCHLAF-RADIO" als "work in progress" umfaßt neben diesem Hörstück auch eine Performance und eine Netzarbeit, in die Norbert Math andere interessierte Medienkünstler miteinbeziehen will. Er möchte, daß das Projekt "SCHLAF-RADIO" in der Form eines "Traums im Traum im Traum..." fortgesetzt wird und ruft die Künstler unter den ORF-KUNSTRADIO-Hörern deshalb auf, vom "SCHLAF-RADIO" Tonaufnahmen zu machen, sie selbst nach eigener Vorstellung zu bearbeiten und ihm zuzusenden. Ein neues "SCHLAFRADIO" entsteht, von dem die Künstler wieder Aufnahmen machen werden, die sie bearbeiten: und daraus geht wieder ein "SCHLAFRADIO" in neuer Variation hervor, das wieder aufgenommen wird, usw.
"SCHLAFRADIO ist ein Versuch, Radiokunst in einen Bereich zu bringen, der abseits von aufmerksamer Rezeption liegt. Viele Menschen haben d Gewohnheit sich von ihrem Radiowecker in den Schlaf wiegen zu lassen.
Das selbe Gerät erfüllt zwei entgegengesetzte Funktionen: In den Schlaf wiegen und aufwecken - und zwar in der selben Lautstärke und im selben Sendekanal. Welche Funktion erfüllt wird entscheidet sich nur durch die Tatsache, wer - Mensch oder Radio zuerst aktiv ist. Mensch schaltet Radio ein - Radio schaltet Menschen ab. Radio schaltet Menschen ein - Mensch schaltet Radio ab.
Das Radio zum Einschlafen läuft wie ein Ritual ab und als solches muß es Muster anbieten, die sich ständig wiederholen und es muß oftmalig, als Sendereihe, ausgestrahlt werden.
Wenn eine Grundanordnung gegeben ist, kann sie beliebig kombiniert und erweitert werden - und dieses Spiel ist umso besser, wenn die Hörer in dieses Spiel eingreifen können.
Daher die Aufforderung dieses Spiel mitzuspielen.
Diese Sendung ist kein fertiges Stück, sondern ein Beispiel oder eine Vorstellung, wie so eine Klangwelt enststehen könnte." (Norbert Math)
weitere Schlafradios:
03.02. 1994 „Schlummernummer“ von Gerhard Mittermayr
28.04. 1994 "Na Gute Nacht!" von Rupert Huber
01.06.1995 „Weave“ von Elisabeth Schimana
Zu Schlafradio http://transit.tiroler-landesmuseum.at/schlaf/index.html
Überblick: http://alien.mur.at/sound/