SONNTAG, 11. Februar 2007, 23:05. - 23:45, Ö1
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KUNSTRADIO - RADIOKUNST




 

100 Jahre Radio - Die Wiederkehr der drahtlosen Fantasie
# 2

anlässlich von:

» I: Manifiesto 1909 Alberto Hernandez
» II: Turmuhr
» III: muusiic
» IV: ODD (2006)
» V: GARZ
» VI: Technofolk

Im Zuge der Vorbereitungen zu „100 Jahre Radio“ hatte Kunstradio um Beiträge gebeten, um „das erste Mal“ im Radio – von der ersten Ausstrahlung einer brillanten Radioserie bis zur ersten eigenen Radiosendung – mit all den territorialen Unterschieden nachzuspüren. Im zweiten Teil zum Schwerpunkt „100 Jahre Radio“ sendet Kunstradio eine Auswahl an Stücken, die eine diverse und oft sehr individuelle, persönliche Sicht auf die Geschichte des Radios wiedergeben.


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Turmuhr


von Laura Mello

„Turmuhr“ ist der letzte Teil eines einstündigen Hörspiels nach Alan Lightmans Buch „Einstein's Dreams“ (Titel der deutschen Ausgabe: „Und immer wieder die Zeit“).
Die im Buch vorkommenden unterschiedlichen Vorstellungen über den Verlauf der Zeit wurden auf die Struktur des Stückes übertragen. Das gesamte Werk, „Zeitzuhören“ genant, wurde im April 2004 in der Alten Schmiede (Wien) im Rahmen des elektronischen Frühlings uraufgeführt – mit Sprechern, einer Sechskanal-Klangprojektion, Video, Klavier, Gesang und Gesten.
Performance: Gunda König, Laura Mello.

In „Turmuhr“ ist außer der Stimme nur die Gitarre als Ausgangsmaterial vorhanden, die durch Bearbeitungen (vor allem Ringmodulation) vieles von ihrer ursprünglichen Hüllkurve verliert. Im Verlauf des Stückes wird jedoch der Prozess umgekehrt und der Klang nähert sich mehr seinem Ursprung. Dahinter steckt auch eine Metapher für zwei unterschiedliche, nebeneinander gestellte Tempi: Diese beginnen gleichzeitig, verzögern sich und treffen schließlich wieder aufeinander.

Laura Mello: "Galten früher die Turmuhren als wichtiges Informationsmedium, so sind das für mich heute die Radiosender. Seit meiner Kindheit höre ich gerne Radio. Ich habe in verschiedenen Städten gelebt, und von diesen bleiben mir vor allem die Radiosender und die Turmuhren in Erinnerung, Letztere gewissermaßen als eine Art „Nachbarschaftssender“, die bestimmte Orte innerhalb einer Stadt markieren.
In Europa schrieb sich der Klang von Turmuhren noch stärker ins Gedächtnis ein als in meiner Heimat Brasilien (vielleicht weil hier die Glocken angeblich aus anderen Materialien gemacht werden und kräftiger, voller klingen?). Bei "Turmuhr" verschmelzen diese Klänge der Erinnerung, von Turmuhren und Radios, zu einem einzigen Medium. Weil es aber keine Turmuhr gibt, die eine dem Radio vergleichbare Reichweite hat, habe ich keinen Glockenklang verwendet, sondern ihn nachgeahmt, sozusagen neu geschaffen. Wenn man die Erinnerung hervorholt, wird sie dann konkreter, beinahe schon Realität?"


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muusiic

von Hyun-ok Pang

muusiic ist ein vierminütiges Tonbandstück - improvisiert nach einer grafischen Notation
Stimme: Gen Seto, Violoncello und Klavier: Hyun-ok Pang


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ODD (2006)

von Edgar Barroso

ODD, eine Auftragsarbeit des DAAD Deutscher Akademischer Austausch Dienst für das Inventionen 2006 Festival, basiert auf den sogenannten SMS Tools - eine speziell entwickelte Technologie plus Software zur Analyse, Transformation und Synthese musikalischer Klänge, die von Xavier Serra und seinem Team bei MTG (Music Technology Group) entwickelt wurde.
Die Struktur des Stückes setzt sich aus "übrig gebliebenen" Komponenten zusammen, die - nach einem Prozess permanenten Austauschs - sehr dichte Klangmassen ohne jegliche Höhen erzeugen. ODD funktioniert gewissermaßen wie ein Trio mit drei erkennbaren Klangquellen: eine Violine, ein Percussion Set und eine weibliche Stimme, die in den "Reststrukturen", die stets in Bewegung sind, eingebettet sind und von diesen durchbrochen werden. Die räumliche Verteilung und Zuordnung des Sounds (die Originalversion von ODD ist eine 5.1 Mehrkanal Produktion) gründet auf dem geometrischen Konzept gewisser Funktionen, die in Hinblick auf den Ausgangspunkt symmetrisch sind, d.h. deren Kurve bleibt nach einer Rotation um 180° um den Ausgangspunkt gleich. Die Struktur des Stücks ist klar gegliedert - in vier Momente, die hauptsächlich durch die klanglichen Hintergrundstrukturen definiert werden. Diese Struktur ist ebenso das Resultat des Selektierens von grafischer Information, die die SMS-Analyse liefert, wie die Interpretation der musikalischen Abschnitte als "Partitur". Für ODD funktionierten die SMS Tools quasi als „Prisma“, das Licht-(Klang)wellen brechen kann.


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GARZ

von monochrom feat. Der Schwimmer

GARZ: Vom Klang der Worte oder Erkundungen im Zwischenfeld der Künste. Literatur sinnlich anschaulich gemacht - zum Hinhören und manchmal auch zum Anfassen.
Mithilfe von Klang entsteht Literatur - nicht nur für LeserInnen.


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Technofolk

von Andrej Tisma

In seinen Soundarbeiten und seiner Musik verwendet Andrej Tisma häufig Found Footage, z.B. Töne von Videospielen, Computergeräusche, Sounds von elektronischen Geräten oder Schnipsel von Musik-CDs.
So wird der Rhythmus von "Technofolk" hauptsächlich aus einem Stückwerk serbischer Zigeunermusik zusammen gesetzt und mit Gesang von Usnia Redzepova und Melodien, gespielt auf einer bosnischen "sevdalinka" Ziehharmonika sowie Vogelstimmen, die direkt aus der (natürlichen) Geräuschkulisse eines Computerspiels entlehnt sind, ergänzt.
Tisma: "Ich wollte ein Klangbild des Balkans bieten, von der gewaltigen, endlosen Energie dieses mystischen und kreativen Teils der Erde, der meine Heimat ist. Ich höre meistens Techno-House und Techno-Elektro-Pop ebenso wie klassische Musik und Volksmusik. Dieses Stück ist also gewissermaßen der akustische Ausdruck davon, wie ich Dinge sehe ..."


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