„Turmuhr“ ist der letzte Teil eines einstündigen Hörspiels nach Alan Lightmans Buch „Einstein's Dreams“ (Titel der deutschen Ausgabe: „Und immer wieder die Zeit“).
Die im Buch vorkommenden unterschiedlichen Vorstellungen über den Verlauf der Zeit wurden auf die Struktur des Stückes übertragen. Das gesamte Werk, „Zeitzuhören“ genant, wurde im April 2004 in der Alten Schmiede (Wien) im Rahmen des elektronischen Frühlings uraufgeführt – mit Sprechern, einer Sechskanal-Klangprojektion, Video, Klavier, Gesang und Gesten.
Performance: Gunda König, Laura Mello.
In „Turmuhr“ ist außer der Stimme nur die Gitarre als Ausgangsmaterial vorhanden, die durch Bearbeitungen (vor allem Ringmodulation) vieles von ihrer ursprünglichen Hüllkurve verliert. Im Verlauf des Stückes wird jedoch der Prozess umgekehrt und der Klang nähert sich mehr seinem Ursprung. Dahinter steckt auch eine Metapher für zwei unterschiedliche, nebeneinander gestellte Tempi: Diese beginnen gleichzeitig, verzögern sich und treffen schließlich wieder aufeinander.
Laura Mello: "Galten früher die Turmuhren als wichtiges Informationsmedium, so sind das für mich heute die Radiosender. Seit meiner Kindheit höre ich gerne Radio. Ich habe in verschiedenen Städten gelebt, und von diesen bleiben mir vor allem die Radiosender und die Turmuhren in Erinnerung, Letztere gewissermaßen als eine Art „Nachbarschaftssender“, die bestimmte Orte innerhalb einer Stadt markieren.
In Europa schrieb sich der Klang von Turmuhren noch stärker ins Gedächtnis ein als in meiner Heimat Brasilien (vielleicht weil hier die Glocken angeblich aus anderen Materialien gemacht werden und kräftiger, voller klingen?). Bei "Turmuhr" verschmelzen diese Klänge der Erinnerung, von Turmuhren und Radios, zu einem einzigen Medium. Weil es aber keine Turmuhr gibt, die eine dem Radio vergleichbare Reichweite hat, habe ich keinen Glockenklang verwendet, sondern ihn nachgeahmt, sozusagen neu geschaffen. Wenn man die Erinnerung hervorholt, wird sie dann konkreter, beinahe schon Realität?"