Zwei Gegenstände des
täglichen Gebrauchs werden auf ihre akustischen und technischen
Eigenheiten untersucht und radiophon ausgewertet: Ein
Hörgerät hat Liesl Ujvary zu ihrem neuen Stück Soundflow
inspiriert, und Andreas Hagelüken hat wiederum einem alten
Kühlschrank seine Ohren geliehen.
1) „Refrigerator / Kühlschrank“ von Andreas Hagelüken

„Wie vermittelt man das ästhetische Interesse an einem
Geräusch, das stört oder nicht, das eben da ist, über
das man aber nicht weiter nachdenkt?“ Diese Überlegung
formuliert der deutsche Radiomacher, Radiokunst-Theoretiker und
Musikwissenschaftler Andreas Hagelüken in einem Statement zu
seinem Stück „Kühlschrank“. Begegnet ist er dem
Kühlschrank auf einem Familientreffen, und Hagelüken war
sofort begeistert vom Blubbern, Gurgeln und Knacksen des alten
Geräts, das auch sehr schöne Soundflächen produzierte.
Beim nächsten Besucher bei der Verwandtschaft hat Hagelüken
Aufnahmen gemacht, sowohl in der Küche und der näheren
Umgebung des Geräts, als auch drinnen, mit geschlossenen
Kühlschranktüren. Die Aufnahmen blieben etwa zehn Jahre
unveröffentlicht aber nicht unberührt auf seiner
Festplatte liegen. Sein Vorhaben war, das Kühlgeräusch auf
versteckte tonale und periodische Strukturen und klangliche Feinheiten
zu untersuchen und als Material für etwas eigenes zu
verwenden. „Warum bin ich?“, fragt sich der
Kühlschrank. Seine Selbstfindung ist im Stück, das
Hagelüken produziert hat, nicht narrativ nachvollziehbar –
es ging dem Autor viel mehr darum, die breite Klangpalette des
Kühlschranks auszubreiten und zu verwenden. Produziert wurde das
15-minütige Stück vom Tschechischen Rundfunk für das
Programm Radiocustica, erstgesendet wurde es am 23. Mai 2014.
„Jedes Haushaltsgerät alter Bauart, das nicht nur
konstruiert wurde um entsorgt zu werden, hat seine eigene Seele, nicht
wahr? Im Fall des Radiostücks
„‘Kühlschrank‘ wird René Descartes
berühmtes „Cogito ergo sum“ ins selbstbewusste
‚Ich kühle, also bin ich… was ich bin‘
uminterpretiert. Und, freilich, der Kühlschrank, scheint darauf
stolz zu sein und sein Bestes zu geben, um seinen Inhalt kühl zu
halten. Er ist cool. Wenn man ihm gut genug zuhört, versteht man
ihn vielleicht. Aber: ist es wirklich notwendig, unseren
Kühlschrank zu verstehen?“
(Andreas Hagelüken)
Stimmen: Jasmine Tutum, Heinzl Spagl und David Nolte
Violine: Lenka Žubková
Bass: Martin Klein
Dank an Thomas Loop
Produktion: Randfunk, 2014
Links:
[http://www.randfunk.de|Randfunk]
[http://www.rozhlas.cz/radiocustica_english/project/_zprava/1353648|Tschechischer Rundfunk]
2) „Soundflow. Eine Annäherung“ von Liesl Ujvary

Liesl Ujvary wurde 1939 in Bratislava geboren und lebt seit 1971 als
Schriftstellerin und Künstlerin in Wien. Poesie, Prosa,
Hörspiele, Fotos, Musik. Künstliche Intelligenz,
Computerkunst – das ist ein Auszug aus ihrer Werkbeschreibung, zu
finden auf ihrer Website ujvary.mur.at. Folgenden Text hat sie zu ihrer
neuen Radioarbeit „Soundflow“ verfasst:
„‘Soundflow‘ versucht eine Annäherung an die
Verarbeitungstechniken, die in unserem Innenohr stattfinden. Dieser
Soundflow, den wir ununterbrochen empfangen, wird im Ohr gefiltert,
geordnet, und in einer Weise interpretiert, die ihn für unser
Zentralnervensystem als sinnvolle Information über unsere Umwelt
erscheinen lässt.
Eine große Zahl unterschiedlichster Geräuschbahnen, die aus
verschiedenen Frequenzen und Obertönen komponiert und zum Teil
auch rhythmisch strukturiert sind, werden aneinandergereiht,
übereinandergelegt und formen so einen akustischen Fluss voll
überraschender Wendungen. Bekanntes scheint vorüber zu
gleiten, Fremdes, schwer Verständliches, drängt sich vor.
Die verwendeten Geräuschkörper werden soweit möglich von ‚Bedeutung‘ befreit.
Auf der einen Seite „weißes Rauschen“, auf der
anderen bekannte semantische Felder – dies erfordert ein
Lavieren, das zu einem spielerisch anregenden Hörerlebnis
führen soll.“
Links:
[http://ujvary.mur.at|Liesl Ujvary]
https://soundcloud.com/lieslujvary/soundflow-eine-annäherung
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