Sonntag, 12. Februar 2017, 23:03 - 00:00, Ö1

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KUNSTRADIO - RADIOKUNST





peripheries
von Katharina Klement
Klangportrait Belgrad 2014 – 2016
53 min.

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2014 verbrachte ich neun Wochen in Belgrad. Ich ging der Frage nach: „wie klingt diese Stadt? – ist es möglich, sie klanglich zu portraitieren?“ In unzähligen Ausflügen in möglichst unterschiedliche Zonen sammelte ich Klänge und Geräusche. Zusätzlich führte ich mehrere Interviews mit Menschen unterschiedlichen Alters und Herkunft über die Klanglandschaft dieser Stadt. Ich sammelte ein umfangreiches akustisches Archiv bzw. Gedächtnis, das mir Basis für das kompositorische Vorgehen war.

Ein Charakteristikum von Belgrad sind dessen zahlreiche Peripherien: selbst im historischen Stadtkern gerät man schnell und oft unvermutet in Randzonen. Die Übergänge sind plötzlich, in klanglicher Hinsicht kommt man schnell von beispielsweise sehr geräuschhaften und lauten Gegenden in zarte und subtile. Kreise begegneten mir in unterschiedlichsten Zusammenhängen, auch das Zeitverständnis schien mir ein mehr zirkuläres im Vergleich zum getakteten und linearen mitteleuropäischen zu sein. Eine weitere Inspiration und Metapher für mein kompositorisches Vorhaben lieferte mir das Modell eines Induktionsmotors mit einem eiförmigen Rotator von Nikola Tesla im Belgrader Tesla-Museum. Ich entwarf eine Partitur mit dem Stadtplan, indem ich den Standort meiner Wohnung als Zentrum annahm und darum herum 8 Kreise zog. Jede Außenaufnahme markierte ich mit einem Punkt. Alle Aufnahmen in einem „Ring“ werden in der kompositorischen Verarbeitung zu einer musikalischen Schicht zusammengefasst.



Innerhalb eines settings von 8 Lautsprechern werden ausgewählte field recordings (zum Teil roh, zum Teil bearbeitet) und elektronisch generierte Klänge wie in einer „akustischen Mischmaschine“ einen anhaltenden dichten Moment, eine klingende Kondition dieses Orts schaffen. Der Baustoff zu diesem klanglichen Portrait ist zwar der akustischen Realität der Stadt entnommen, durch das kompositorische Verfahren entsteht jedoch eine Umformung, ein neues Erscheinungsbild. Der stark expressive und possessive Charakter von Belgrad soll musikalisch extrahiert und abstrahiert werden.
Die Gesamtstruktur ist in kleinere Sequenzen unterteilt, die aber nahtlos ineinander übergehen.

sound Artist-Statement