Isabella
Bordoni ist Schauspielerin, Lyrikerin und Theatermacherin. In der
Theaterarbeit mit dem Kunstverein und Verlag „Giardini
Pensili“ in Rimini betreibt sie eine „Grundlagenfoschung
des Wortes“. 1962 in Rimini geboren, gab es seit 1985 zahlreiche
Aufführungen ihrer Arbeit in Theaterstücken, Konzerten,
Hörspielen und Radioarbeiten. Bordoni war maßgeblich am
Radio-und-TV-Netzwerk-Projekt Realtime beteiligt, das 1993 vom
Kunstradio, dem Verein Transit und zahlreichen Künstlerinnen und
Künstlern an drei Veranstaltungsorten zeitgleich durchgeführt
wurde. Gemeinsam mit ihrem langjährigen künstlerischen
Partner Roberto Paci Dalò und dem „Teatro
dell’Ascolto“, dem Hörtheater, von Giardini Pensili,
realisierte sie unter anderem die Live-Radio-Produktion „Lost
Memories“.
Isabella Bordoni hat sich für die heutige Sendung unter anderem
das Stück „Always nice to be recognised“ von Nerve
Theory (Bernhard Loibner & Tom Sherman) gewünscht, in dem es
um den Schutz der Privatsphäre im postmodernen
Informationszeitalter geht. Durch die Benützung elektronischer
Kommunikationssysteme, also etwa Bankomatkarten oder Mobiltelefone,
geben wir bekanntlich eine Vielzahl an Daten über uns preis. Unter
dem Deckmantel der öffentlichen Sicherheit wurden Kontrollsysteme
eingeführt und Bürgerrechte aufgeweicht. „Always nice
to be recognised“ von Nerve Theory, also Bernhard Loibner und Tom
Sherman, entstand 2004. Die behandelte Problematik ist immer noch
aktuell.
„Meiner Wahrnehmung nach
drängt diese Radiokomposition in das Gegenwärtige, indem sie
die gegenwärtige Zeit in sich trägt – vergleichbar mit
einer Art ‚Mondlandung‘ zwischen realem Leben und Science
Fiction. Die Körnung der Stimme des Sprechers, sein Tonfall, der
Klang und der Raum rundum, all das konstruiert eine eigene Welt. Diese
Elemente werden meta-reflexive Elemente, die eine Reflektion des Lebens
und des Körpers in Bezug auf deren Biopolitik ermöglichen, ja
gar selbst dieser Körper zu ‚sein‘. Besonders die
Eröffnung des Stückes finde ich faszinierend.“ (Isabella Bordoni)
Das zweite Stück, das Isabella Bordoni ausgewählt hat, ist
„Violin music in the age of shopping“ von Jon Rose. 1951 in
England geboren, komponiert, spielt und experimentiert der
Improvisationskünstler Jon Rose seit den 1970er Jahren –
wobei seine ganze Aufmerksamkeit einem einzigen Instrument, der
Violine, gilt. Im Rahmen seines langjährigen Projekts „The
relative violin“ entwickelt er eine totale Kunstform um dieses
Instrument, er baut und entwickelt neue Formen des Streichinstruments
und untersucht die Violine in unterschiedlichen künstlerischen
Zusammenhängen. 2004 erhielt der den renommierten Karl-Scuka-Preis
für Radiokunst.
„Jon Rose ist ein wahrer Pionier und ein brillanter
Künstler. Er ist originell, sarkastisch, virtuos, unehrerbietig
– und die Live-Radio-Performance ‚Violin music in the age
of shopping‘ beinhaltet all diese seine Eigenschaften. Jon Rose
spielt mit dem Paradoxen und der Verhöhnung wie sonst kaum
jemand.“ (Isabella Bordoni)
„Violin music in the age of shopping“ ist eine Satire auf
die Konsumwelt und wurde dementsprechend in einem Shoppingcenter live
aufgeführt und im Radio übertragen. Nach
Großstädten wie Sydney, Tokyo, New York, Toronto, Moskau und
Berlin, fand „Violin music in the age of shopping“ am 18.
Mai 1995 in der Shoppingcity City Süd in Vösendorf im
Süden von Wien statt. Unterstützt wurde Jon Rose von anderen
Künstlern, einem Chor, Schauspielern und zwanzig
Geigenschülerinnen. Der Radio-Performance zugrunde liegt die
Prophezeiung des fiktiven Wissenschaftlers Dr. Johannes Rosenberg. Auf
den Kommunismus und den Kapitalismus, so Rosenberg, folgt das Zeitalter
des Einkaufens, das sich durch eine Technik-Besessenheit auszeichnet.
Die zeitgenössische Musik und Kunst nimmt überhand, Inhalte
werden austauschbar und die Welt von aussagelosen Kopien und
Fälschungen überschwemmt.
Hören Sie nun einen längeren Auszug aus dem Mitschnitt von
„Violin music in the age of shopping“, einer on air on site
Performance in der SCS 1995.
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