SONNTAG, 10 November 2002, 23:00. - 24:00, Ö1
KUNSTRADIO - RADIOKUNST
CURATED BY: Anna Friz
|
English |
Deutsch |
A CASSETTE OF THIS PROGRAM CAN BE ORDERED FROM THE "ORF TONBANDDIENST"
Das "curated by"-Projekt "Reception Is Interception" ist ein Versuch, unser Bewußtsein für das Hören und für die Verwendung von Radio zu schärfen. Sound umgibt uns überall und vielfach nehmen wir Hintergrundgeräusche und Berieselungsmusik nur passiv wahr; Radio-Hören erfordert aber ein aktives Tun - zumindest das Anschalten und Tunen der Sender. Die kanadische Künstlerin Anna Friz hat KünstlerInnen eingeladen, Radio ontologisch wie historisch zu untersuchen und wie Spione herumzuschnüffeln auf der Suche nach Sounds. Die antreibende Frage lautet: Was ist "on the air" und wer hört zu?
Mit "Machine Skin" und einer Rückkehr zum Konzeptuellen - beschließt Annabelle Chvostek ihre Serie "Attention Span". Das Stück ist eine technische Erforschung einer aufrüttelnden Sequenz - der Sound von Haut auf Haut begleitet vom allgegenwärtigen Surren des Computers. Die überraschenden Ergebnisse dieses Eintauchens in das Soundspektrum werden collagiert mit ein paar herausragenden, aufmerksamkeitsheischenden Sequenzen des unbearbeiteten Klangmaterials, um so ein verführerisches elektroakustisches "Mini"-Erlebnis zu kreieren.
Zwischen dem 4. und 14. September 2002 machte ich eine Autoreise
quer durch den Osten der USA. In 10 Tagen legte ich ca. 5000 km
zurück, was mehrere Tanks voll billigen Amerikanischen Sprits
verschluckte während ich die monotone Landschaft, die das U.S.
Interstate Autobahnensystem in den nordamerikanischen Kontinent
eingeprägt hat, betrachtete. Ich saß alleine im Auto, und teilte
die Straße lediglich mit LKW-Fahrern, Pendlern, Urlaubern und
Autobahnpolizisten.
Ohne ein bestimmtes Reiseziel vor Augen zu haben, bestand meine
Absicht darin, Radioprogramme, die unter dem Format "Talk Radio"
laufen, anzuhören und aufzunehmen.
"Talk: September 2002" ist eine kurzes, vorläufiges Arrangement
aus Versatzstücken dieses Materials. Ausgehend von der Annahme,
dass das fortwährende Reinhören in verschiedene Radiostationen
ein bestehender akustischer Raum ist, ist dieses Stück ein
(hörbares) Abtasten von Monologen wie Konversationen meist
religiösen oder politischen Inhalts, die nicht explizit an
mich gerichtet zu sein scheinen. Das Ergebnis ist eine Art
Selbstporträt Amerikas ein Jahr nach 9/11, basierend auf
den von mir belauschten Talk Radio Shows.
Der allerwichtigste Faktor für die Schöpfung ist die Kollision - ob durch eine Bombe, durch Worte, Kontinente, Gas oder elektrische Partikel verkörpert - Kollision bedeutet Schöpfung (als auch Zerstörung). Mittels Kollision, Unterbrechung und Empfangen herrscht eine stete Bewegung, die eine stete Veränderung mit sich bringt, bekannt auch unter dem Begriff des Lebens. Obwohl leblos, ist die Aurora Borealis (Nordlichter) ein Naturphänomen, das durch die Quelle allen Lebens, die Sonne, erzeugt wird. Elektronen, die von der Sonne ins All katapultiert werden, werden durch Sonnenwinde Richtung Erde geschickt und kollidieren mit dem diese umgebenden Magnetfeld und Gasen, wobei rot, blau, grün und violett schimmernde Lichtstrahlen entstehen. In dieser Dokumentation des Wandels sind es diese Lichter, die zu hören sein werden. Dies ist auch eine Dokumentation der Dauerhaftigkeit; oder über das im Leben immanente Trägheitsgesetz. Über das Bedürfnis der Menschen nach Stabilität und wie wir Menschen stets versuchen, den steten Wandel zu stoppen; das Bedürfnis alles in Einklang zu bringen statt den anders klingenden Dissonanzen der Dinge zuzuhüren.
Seine unmittelbare Umgebung nimmt der Künstler
Jan Desroisiers als eine von einzigartigen singulären Klängen
zusammengesetzte, die in Summe alles übertönender Lärm werden.
Mittels unterschiedlicher Methoden filtert er spezifische Noten aus dieser
Geräuschmasse heraus, ähnlich wie wenn man einen Radiosender einstellt.
Der Effekt dieses Soundnetzes ist im radiophonen als auch im akustischen
Spannungsfeld ähnlich, nämlich dass spezielle Töne oder Klänge
die akustisch statische Hintergrundkulisse, die wir üblicherweise kaum mehr
wahrnehmen, akzentuieren.
Für die Reihe Reception Is Interception hat der Künstler ein
Stück komponiert, das Alltags- und Haushaltsgeräusche in den Mittelpunkt
rückt wie auch die Sounds von elektrostatischen Übertragungen von Geräten
und Werkzeugen, die über das Hintergrundrauschen gelegt werden; das Resultat ist
ein spezifisch klingender Soundscape. Jan Desroisiers und seine Mitstreiter fungieren
bei dieser Performance sowohl als Sender als auch als Empfänger.
[TOP]